Im Raum hinter dem Balkon gab es kleine Häppchen zum Naschen in ausreichender Menge und so machte ich nach der „Halbzeit“ eine kleine Pause, genoss den traumhaften Blick und die tolle Stimmung, machte einen kleinen Schwatz mit meinen TAW-Kollegen und auch mit dem Weinjournalisten und Schriftsteller André Dominé, mit dem wir ja bereits im letzten Jahr gemeinsam denTrio Infernal Weinberg besucht hatten. Auf ebenjenen Weinberg konnten wir vom Balkon aus auch schauen – das „Trio Infernal“ ist jetzt im Hang direkt durch eine spezielle Pflanzung bereits von weitem zu entdecken.
Bevor ich mich diesem französischen Prioratprojekt widmete, verkostete ich noch die Weine von Mayol Viticultors Die sympathischen und sehr engagierten Inhaber eines der bestsortiertesten Weingeschäfte im Priorat stellen seit dem Jahrgang 2004 eigene Weine in einer sehr zuverlässigen Qualität her.
Hier stellen sie erstmals einen kleineren neuen Rotwein vor – Torroja Des de Dins 2006 – ein easy drinking Wein, ganz im Stil der erzhaltigen Llicorella – Schiefer Torrojas, die natürlich sofort auffallen, am Gaumen dominieren Schattenmorellen. Der Wein wirkt leicht und ist vor allem unkompliziert – 91+/100 Th. bei gutem PGV.
Der Brogit 2005 hat inzwischen eine sehr gut eingebundene mineralische Säure und ist recht rund. Vermittelt mehr und mehr Trinkspaß und hält all seine bislang abgegebenen Versprechen. 93+/100 Th. – exzellenter Wein.
Zum weißen Roser 2007 habe ich leider keine Notiz gemacht, außer dem vermerk, dass der Wein etwas zu warm war.
Die drei „höllischen“ Franzosen Combier, Fischer, Gerin wurden in diesem Jahr einzig durch Laurent Combier vertreten. Peter Fischer musste ganz kurzfristig gesundheitsbedingt leider absagen.
In Rot gab es „alte Bekannte“ ins Glas. Der Trio Infernal 1/3 2005 präsentierte sich anfangs leicht verschlossen, öffnet sich dann mehr und mehr und zeigt die gewohnte Eleganz. Wie so einige 2005er derzeit nicht wirklich in Bestform. 92+/100 Th. – sehr guter Wein
Auch der Trio Infernal 2/3 2006 zeigt sich verschlossen und mit reduktiven Noten, aber dennoch große Anlagen und eine hervorragende Tanninstruktur. In schwerer Phase, aber mit sicher großer Zukunft. 96+/100 Th. – groß
Der Weißwein kommt perfekt gekühlt ins Glas. Trio Infernal 0/3 2007 gefällt mir mit seiner offenen, exotischen Nase immer wieder. Ein sehr schöner weißer Priorat, der später einmal großes Kino sein könnte. 94+/100 Th. – exzellenter Wein.
Bei Dominik Huber lasse ich die verkostung ausklingen. Terroir Al Limit – der Name ist inzwischen Programm und es ist erstaunlich, wie der Südafrikaner Eben Sadie und der Münchner Dominik Huber das Priorat (neu) definieren.
Da wir eine Woche zuvor die 2006er in der großen Blindverkostung hatten und einen Tag zuvor die 2007er gab es für mich nur eine Konsequenz an diesem Sonntag, an dem beide Jahrgänge zu verkosten waren – die Bitte um ein zweites Glas…
Und schon ging es los, 2006 links, 2007 rechts…
Beginnen wir mit Arbossar, der 2006er bestätigt voll und ganz den Eindruck von der Vorwoche, der 2007er gefällt mir noch knapp besser – 95+/100 Th. zu 96+/100 Th. – zwei mal große Weine.
Les Manyes – unser Sorgenkind bei der Blindprobe in der Vorwoche. Gottseidank kein Klebstoff, heute ein Weltspitzenwein, bei dem Burgunder Grand Cru Eigenschaften auf Montsantterroir in Priorat DOQ Gebiet treffen. Der 2006er ist rehabilitiert, die fehlerhafte Flasche in der Blindprobe ist offensichtlich und für jeden Blinden unverkennbar…
Aber 2007 geht noch deutlich mehr. Dieses große Gefühlskino könnte eines Tages die Idealnote erreichen – ein Vergleich gegen den Espectacle sollte unausweichlich sein. 2 * 100% alte Grenache, 2 * steile und spektakuläre Hänge, die einander sogar anschauen…
Im direkten Vergleich 97+/100 Th. zu 99+/100 Th. – Weltklasseweine.
Dits del Terra auch hier bestätigt der 2006er seine grandiose Performance der Vorwoche und bietet ein komplettes Abenteuer. Der nach wie vor etwas schwul wirkende 2007er ist noch nicht ganz da, wo er hin will. Aber das wird schon…
97+/100 Th. – Weltklasse für den 2006er, 94+/100 Th. – exzellente Note momentan für den 2007er
Auch der Les Tosses bestätigt seinen Anspruch auf Größe. Der 2006er ist hier so gut wie bei uns in der Nachverkostung 96+/100 Th. – groß. Der 2007er ist ein Quentchen besser und ich gebe 97+/100 Th. für einen Weltklassewein.
Mich fasziniert immer wieder diese burgundische Tiefe und Eleganz in den neuen Weinen von Terroir Al Limit, diese Finesse ist in der Breite der Weine im Priorat bislang einzigartig. Perfekt paart sich dieses Burgundergefühl mit dem äußerst mineralischen Terroir des Priorats. Man verwendet nur Grenache und Carignan und arbeitet nahezu besessen an der Perfektionierung gelebter Träume. Beide Weinmacher haben einen gemeinsamen Titel – den des Idealisten. Die Weine erheben sich in das Reich der Kunst, rational sind sie nicht mehr greifbar, aber sie sind emotional erlebbar und bieten, wonach jeder Weinliebhaber sucht… Glücksgefühle.
Aber auch genau dieses Gefühl haben wir am Ende jener so wunderbar organisierten und inszenierten Probe in jenem kleinen Dörfchen namens Torroja del Priorat. Vor 10 Jahren hatte ich mich erstmals in dieses wunderschöne Dorf verirrt, in dem es damals nur Katzen und alte Leute zu geben schien. Rotllan Torra war damals der einzige Erzeuger und auch dort war seinerzeit niemand anzutreffen.
Heute verirrt man sich nicht mehr in jenes Dorf, heute fährt man bewußt hin, weil man die Schatzkammern kennt und die freundlichen Menschen, die diese gerne öffnen. Aber auch für den nur des deutschen mächtigen Weintouristen ist es ein Mekka, immerhin wird bei vier der zehn Erzeuger (Terroir Al Limit; Combier, Fischer, Gerin; Mayol Viticultors und Rotllan & Marquez (Heid & Marquez) auch deutsch gesprochen.
Auch im Namen von Klaus-Peter, Chriz und Pedro sage ich den sechs einladenden Winzern und dem Gastgeber Cal Compte noch einmal ganz herzlichen Dank für diesen Höhepunkt der diesjährigen Fira!