Einmal ins Priorat und zurück – Das Roadbook Firafahrt 2017, Kapitel 19 – Freitag, 28.04.2017 (2) – Tast Vi Natural in Porrera

BY IN Priorat - Tourismus, Reisetagebuch eines genügsamen Genießers, Weinverkostungen NO COMMENTS YET , , , , ,

Natürlich kommen wir erst sehr spät aus Gratallops weg. Dafür waren aber auch die Stunden auf Clos Figereras zu schön, waren die Weine wie auch die nette Gesellschaft so gut, dass es keinesfalls ginge, zu drängeln. Zum Glück kennen unsere Autos die kurvenreichen Straßen über Torroja nach Porrera so gut, dass sie sich von selbst quasi im Rallyemodus dort entlang bewegen. 

Die Zeit reicht grad noch so, dass wir mit den Autos hoch nach St. Antoni fahren können, aber Zeltaufbau, die Zeit wäre nicht mehr. Sachen schnappen und zu Fuß den steilen Berg ins Dorf runter, fast schon im Laufschritt…

Ich bemerke noch so, dass es an einer Abkürzung mangelt, wenn man von der Einsiedelei runter kommt und ins Dorf will, da öffnet sich eine Tür und Pere Sangenis winkt uns zu. Er hat eine Tür zur Straßenseite und natürlich die Toreinfahrt zum Keller. Wir begrüßen uns, er sieht, dass wir in Eile sind und bittet uns rein, wir stehen quasi im „Fasskeller“, der ja in Porrera desöfteren kein Keller ist, sondern die Obergeschosse der mehrstöckigen Häuser. Wir eilen also zwei oder drei Etagen die Treppe runter und verlassen durch den Empfangsraum und die Toreinfahrt das Gebäude, um sofort auf der Plaza Catalunya zu sein. Das spart uns mindestens 5 Minuten Fußmarsch „außenrum“. Und die kurze Begegnung war ausreichend, um zu erfahren, dass Maria noch nicht entbunden hat, sie also nachher mit ihrer Schwester und ihrem Vater  bei der Verkostung sein wird. Außerdem haben wir nun für den Nachmittag des 1. Mai einen Verkostungstermin bei Sangenis I Vaque

Über die mittelalterliche Brücke geht es hinein ins Gewirr der engen Gassen und Treppen, wir folgen dem Strom derer, die genau dorthin wollen, wo es auch uns hin zieht: zum 2. Tast Vi Natural

Im letzten Jahr fand die erste Verkostung dieser Art in Siurana statt, bei den Ökos in Latschen und den Kletterfreaks. Das war der grauenhafte Moment, als man uns die Weine in Plastikweingläsern servierte, angeblich, weil man in der schönen Natur Wein nicht in Weingläsern ausschenken darf. Letztes Jahr weigerte ich mich, auch nur einen der Weine zu bewerten, so befremdlich war die Haptik des Plastikweinglases.

Dieses Jahr nun quasi das „Vorprogramm“  zur berühmt berüchtigten Carignan – Nacht. Zum Glück im selben Dorf nur auf der anderen Seite am Berg. Und in einem historischen Keller des Cal Porrera.

Geduldig lasse ich mir von einer sehr schmucken jungen Frau ein Bändchen mit kleinem Stein ums Handgelenk knippern, als Zeichen meines rechtmäßigen Eintrittes hier und dazu bekomme ich erklärt, dass der kleine Stein ein Glücksbringer sein wird. Okay,  später werden wir ausgelassen miteinander tanzen…

Doch zunächst die harte Arbeit der Verkostung… – dieses Jahr mit echtem Weinglas. so, wie es sich gehört…

Hier finden wir Weingüter, die sich mindestens der Biodynamik verschrieben haben und die dazu noch experimentell in Richtung Vi Natural arbeiten, das heißt, Verzicht auf jegliche Zusatzstoffe bis hin zum „Sense sulfit“. Hier verzichtet man auf die Sulfitgabe, das Einzige, was die meisten anderen im Priorat machen, denn auf Eiweißschönung verzichten hier ohnehin die meisten und filtriert wird auch bei vielen nicht. Aber rigoroser Verzicht auf Schwefel, das macht nicht jeder. Auch hier nicht, es gibt eine ganz geringe Menge, die toleriert wird. Aber die Harten verzichten drauf… was den Weinen dann doch schon einen eigenen Gechmack gibt. Wers mal unmittelbar selbst vergleichen will, der nehme einen Pater und einen Matraketa Tranquil, beides 100% Grenache aus der selben Lage zudem noch und trinke das mal parallel. Jaume von Ficaria Vins, der diese Weine macht, hat, wie wir ja inzwischen leider wissen abgesagt „Il y a plus d´vins“.

Hier haben wir wie im letzten Jahr nicht nur Winzer aus dem Priorat und Montsant, sondern auch aus anderen Regionen Kataloniens. Aber wir haben mehr aus dieser Ecke als im Vorjahr, weswegen wir uns erst mal auf diese beschränken werden, schließlich werden wir ja auf die Uhr schauen müsen, denn in nicht mal 2 Stunden geht die Carignan Nacht los…

Wir beginnen mit dem Wein unserer Freunde aus Porrera.  Dic und Eduard Duran stellen ihren Trosset de Porrera 2012 vor und legen die Messlatte gleich mal sehr hoch.  Zu hoch, wie es sich heraus stellen wird. Am Ende werden wir diesen Wein einfach noch einmal brauchen…

Was dazwischen passiert, ist teilweise Gaumenrevolution. Okay, Revolte trifft es eher, meinetwegen sogar mitunter Randale…

Ich hab heute noch Klaus-Peters Satz im Ohr, während ich diese Zeilen schreibe:„Lllleeeeeuteee! Des ist scho heffftig, was man hier präsentiert…“

Zu ensprechend drastischen Bildern greifen wir in unseren Kommentaren und Verkostungsnotizen, grade bei den Weinen von Los Comuns, einem recht neuen Projekt aus El Molar. Weinnamen wie Estrem oder Torts deuten vielleicht schon an, was uns hier für heftiges Gaumengeschrammel erwarten wird. Wär Musik, wärs eine explosive Mischung aus Avantgarde, Industrial und Death Metal.

Dagegen ist Gratavinum brave Folklore mit ein paar schrägen Tönen gemischt, aber auf Pop- und Schmusekurs, während die Sachen von Sola d´Ares dann wohl was für Free Jazz Fans sind.

Hinzu kommt, dass man uns grade mit den Weinen aus 2015 massig Tannin um die Ohren haut, so dass einem teilweise Hören und Sehen vergeht. Würden wir es nicht besser wissen, dächten wir, wir wären auf Fassprobe im Madiran.

Lllleeeuteee!!!

Das Ziegenkäsetapas, was gereicht wird, wirkt brav und bieder nach diesen Weinen. Und wie gesagt, wir brauchen am Ende noch mal einen guten Schluck vom Trosset de Porrera, einfach um dem Gaumen zu beweisen, dass es auch in der Weingruppe Eleganz und Zärtlichkeit gibt… Das Liebeslied halt.

In Kürze kommen die Verkostungsnotizen hierzu…

 

 

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