Als nächstes bekomme ich einen „neuen“ Wein vorgestellt, der eigentlich ein Unfall ist. Ursprünglich wurden diese Partien für den Odysseus Red Label ausgemustert, dann hat man die Fässer einfach vergessen. Und nun präsentiert sich der Wein doch besser als ursprünglich angenommen.
Daher ein „einmaliger“ Wein, preislich zwischen dem Akyles und dem Red Label:
Celler Puig Priorat; Odysseus White Label; Priorat – Gratallops; 2005 rot
Sehr offene Nase, ein typischer, als Priorat erkennbarer Wein mit roter Frucht und Llicorella Noten. Schon ganz passabel zu trinken, in der Nase ohne jegliche Reifenoten, aber am Gaumen eine schon leicht entwickelte Note. Trotz des ganz wenig trocknenden Tannins lässt er sich schön trinken und er hat einen schönen Hachhall mit mineralischem Abgang. Etwas komplexer und tiefgründiger als der Akyles, aber mit weniger expressiver Frucht. Ein exzellenter Wein. 93-94/100 Th.
Celler Puig Priorat; Odysseus Red Label; Priorat – Gratallops; 2006 rot
Josep und Silvia bezeichnen 2006 als einen ihrer bislang schönsten Jahrgänge und wenn man erneut diesen Red Label verkostet, dann kann man es nachvollziehen. Er hat sich seit der letzten Verkostung wunderbar entwickelt und ist ein inzwischen sexy Wein mit verführerischer Nase und Eleganz. Eine „geschmackliche Dusche“, der Wein breitet sich am Gaumen ganz toll aus, er hat eine sehr schöne Tanninstruktur und zeigt eine enorme Frucht. Groß! 95+/100 Th.
Er bestätigt erneut die Annahme, dass sich 2006er derzeit bestens zeigen. Josep versichert mir, dass auch der 2006er Black Label, den ich in der Selektion habe, mich und jeden, der ihn trinkt, glücklich macht. Ich habe alles richtig gemacht, diesen Wein seinerzeit zu kaufen… – er hätte ihn erst drei Tage zuvor einmal wieder im Glas gehabt.
Für mich gibt es dann den Jahrgangsnachfolger davon, der in wenigen Wochen in den Verkauf kommen wird.
Celler Puig Priorat; Odysseus Black Label; Priorat – Gratallops; 2007 rot
Was für eine tolle Nase! er enthält etwas Syrah, was den Wein komplexer und verführerischer macht – hier wird bis zum Anschlag voll aufgedreht, Gänsehaut beim Riechen. Er steht dem 2006er Black Label wohl in keinemFalle nach. Eine expressive, komplette, volle, ja sogar „verrückte“ Nase. Auch am Gaumen so gut, dass es einem fast die Tränen in die Augen treibt. Solchen Stoff vermag ich nicht zu spucken. Ein sehr emotionaler Wein zum Verlieben, ein Geschichtenerzähler, bei jedem Reinriechen, jedem Schluck zeigt er neue Nuancen. Macht ehrfürchtig und ist ein „Must“ für jeden gut sortierten Prioratkeller. Weltklasse – 98+/100 Th.
Wird zum Ende des Jahres auch in der Prioratführerselektion zu finden sein.
Inzwischen will mir Josep zeigen, was bei diesen nicht industriellen Weinen auch passieren kann, er hat vor einigen Tagen eine Flasche 2006er Red Label mit einem recht komische Flaschenfehler geöffnet, den wir nun noch mal überprüfen wollen…
Null in der Nase, komplett verschlossen, aggressive Säure und ein beschlagendes Tannin. Kein Korkmuff, aber eine Flasche, die keinen Spaß macht – auch das passiert – weg damit und eine bessere Flasche reklamieren. Der Vergleich mit dem frisch geöffneten 2006er zeigt deutliche Unterschiede wie eiskalter Januar zum heißen Juli…
Dann zum Abschluß beiße ich mich fest in ein wunderschönes Flaschenpärchen:
Celler Puig Priorat; Odys; Priorat – Gratallops; 2008 rot und
Celler Puig Priorat; Seus; Priorat – Gratallops; 2008 rot
Zwei für sich genommen große und viel Spaß vermittelnde Syrah – Weine, Odys von Kalklehmböden, Seus vom Llicorella – Felsen, beide Parzellen sind nur 10 Höhenmeter voneinander entfernt, beide wurden zur selben Zeit mit dem selben Syrah – Klon bepflanzt. Beide Parzellen wurden am selben Tag gelesen und gleich ausgebaut. Dennoch, die Unterschiede, die sich einzig auf den Boden zurück führen lassen sind so enorm, dass man mit dem großartigen Ausgangsmaterial in 2008 beschloss, diese beiden Weine zu separieren und jeweils extra abzufüllen. Von beiden gibt es nur 240 Flaschen, beide kommen zusammen in einem kleinen 2er Luxus-Set heraus und sollen den Trinker zum Spielen verleiten.
Natürlich sind beide Weine schon so groß, dass jeder für sich genommen, mindestens 95+/100 Th. verdienen müßte, aber man wird schließlich eingeladen, im eigenen Glas aus beiden Flaschen verschiedene Blends auszuprobieren und einmal selbst Önologe zu spielen.
Was dann passiert, als ich mit Silvia gemeinsam verschiedene Varianten ausprobiere, ist tatsächlich ganz großes Kino, Horizont
erweiternd und ersetzt dem Weinfreak die Spielzeugeisenbahn.
Vergnügen garantiert.
Der überwiegende Teil der 240 Sets ist bereits zwei Wochen nach Beginn verkauft gewesen, mir gelang es aber, eine kleine Partie davon für meine Prioratführerselektion zu bekommen.
Und mittels eines gemeinsamen Flasche – Verkostungsprojektes kann dann gemeinsam interaktiv „gespielt“ werden, an einem vorgegebenen Wochenende, wo dann auch Josep (der ja deutsch spricht, liest und schreibt) und Silvia moderierend dabei sein werden. Somit besteht die Chance, an verschiedenen Orten zeitgleich zu experimentieren und sich darüber, auch mit den Machern auszutauschen.
Wer dabei sein will, der sollte sich sein Set Odys + Seus recht schnell sichern.