Einmal ins Priorat und zurück 2023 – 04.05.2023 (2) – Teil 95

BY IN (M)eine Prioratgeschichte, Kein Wein, dennoch Vergnügen, Priorat - Tourismus, Reisetagebuch eines genügsamen Genießers NO COMMENTS YET ,

Der Klettersteig „Cami Vertical Serra de les Canals“ wurde im Jahr 2019 gebaut und 2020 eröffnet.

Die Felswand, in der er hinauf führt, sieht bereits von Weitem, wenn man aus Richtung Lerida auf Oliana zu fährt, sehr eindrucksvoll aus. Er führt uns bis zum weithin sichtbaren Gipfelkreuz hinauf und geht danach noch auf dem packenden Gipfelgrat entlang, ehe wieder nach unten abgeklettert wird.

Der Ort Oliana wird durchquert, unmittelbar hinter dem Campingplatz auf der linken Seite müssen wir dann die schmale Straße nach rechts hinauf nehmen, an der Gabelung einige Meter weiter müssen wir rechts den Wald hinauf, vorbei am Parkplatz des Schützenvereins, bis dann auf der rechten Seite der Parkplatz für die Via Ferrata kommt. Gegenüber, links der Straße sehen wir das Topo zum Steig. Hier folgen wir dem gelb markierten Pfad durch den Wald in linke Richtung. Nach wenigen Minuten mäßig steilen Anstiegs kommen wir zum Einstieg in die Via Ferrata, die wir bereits von weitem erkennen können.

Der erste Abschnitt „Familiar“ ist mit K2 bewertet, was dem französischen PD (peu difficile = wenig schwierig entspricht. Das ist auch völlig korrekt, es warten nirgends böse Überraschungen in diesem Weg. Allerdings sollten Anfänger dennoch auch sportlich sein, denn es gilt 120 Höhenmeter in ziemlicher Linie zu überwinden, die Gesamtsteiglänge für diesen Abschnitt beträgt 150 Meter.

Dabei wird es nie vertikal, sondern wir gehen in einer mehr oder weniger schrägen Wand hinauf, anfangs mit vielen U-Eisen, später dann gibt es Ketten zum Greifen. Diese sind für Kletterbegeisterte aber nicht nötig, denn es gibt genug Griffe und Tritte im Fels, man kann das also auch sehr gut als Via Cable gehen. Der Weg ist einfach und sportlich unspektakulär, allerdings in toller Landschaft und tollem Höhengewinn.

Wer sich, oben angekommen, direkt auf der Rückweg macht, der hat noch ca. 450 m gesicherten Steig auf dem Grat und im Abstieg vor sich. Wer das in dieser Form macht, erlebt einen Steig, den ich in meiner Genusswertung mit 16/20 bewerte. Für Anfänger und wegen der tollen Landschaft okay, für Fortgeschrittene höchstens als kleinen Zwischendurch-Workout gedacht. Nichts, was einen Umweg lohnt.

Wir steigen aber natürlich in den sich anschließenden 2. Teil ein, wo das dann völlig konträr zum ersten Teil wird. Der Abschnitt, der sich „sportlich“ nennt, ist dann noch einmal 250 Meter lang, bei einem weiteren Höhengewinn von 150 Metern, die vertikal werden und mit einigen Überhängen gespickt sind. K4 sagt der Katalane, übersetzt in die französische Skala wäre das D (difficile = schwierig). Ich würde da sogar noch ein Plus anhängen wollen, also D+… Es wird sehr ausgesetzt und psychisch anspruchsvoll und auch die Überhänge kosten jede Menge Unterarmkraft.

Nach einem leichten Start auf schmalem Pfad im Felsen links querend kommen wir zum eigentlichen Einstieg in den schweren Teil und hier werden wir sofort mit einem längeren, zum Glück aber nicht übermäßig starken Überhang konfrontiert. Hier ist es das Beste, vorher noch mal kurz durch zu schnaufen, sich die Situation anschauen, um dann schnell und zielgerichtet durch zu klettern und sich mit dem Umklinken zu beeilen, ehe die Kraft weg ist. Eine kurze und eine längere Notschlinge mit jeweils einer Exe sollte man durchaus parat haben, wenn man sich doch mal im Überhang kurz ausruhen muss. Allerdings ist es wirklich besser, durch zu ziehen.

Es wird dann auch leichter, bleibt aber vertikal. Aber man kann zumindest dann mal vernünftig stehend kurz durchatmen. Weitere kürzere Überhänge haben wir dann aber auch immer mal wieder in der Folge. Der Unterste aber ist der Längste. Man muss dem Weg aber auch attestieren, dass das Umklinken meist gut zu machen geht. Wer sportlich genug ist, auf den wartet hier Adrenalin pur, wer sich schon vom unteren Teil beansprucht fühlt, sollte überlegen, ob er weiter geht, denn es gibt keine Notausstiege. Erfahrene Klettersteiggeher, die mit D / D+ keinerlei Probleme haben kommen bei den dann gut zu händelnden Überhängen auf ihre Kosten, vor allem, weil es auch atemberaubend ausgesetzt an manchen Stellen wird, man hat „gut Luft unterm Arsch“…

Die lange Brücke markiert einen weiteren Höhepunkt im Steig, danach bleibt es ausgesetzt und vertikal mit immer wieder kleinen Überhang-Zügen. Weiter oben kommt dann noch eine Seilbrücke und ganz zum Schluss vor dem Gipfelkreuz wird es noch einmal spannend. Ein einfacher Überhang bleibt noch zu machen, mit traumhaften Blick nach unten, wenn man sich das dann traut wegen der Schwindelfreiheit…

Oben am Gipfelkreuz weiß man dann, was man gemacht hat und wird mit einem traumhaften Rundblick belohnt. Außerdem gibt es auch hier ein Gipfelbuch. Ein Gipfelbier dagegen muss man sich mit hoch schleppen, aber auch das lohnt sich, denn man will, vor allem bei Kaiserwetter, diesen traumhaften Rundumblick gern eine Weile genießen. Zumal sich der Steig noch nicht sonderlich rum gesprochen zu haben scheint. Ich bin hier weit und breit mit mir allein an diesem Nachmittag.

Das Kletterzeug sollte man aber noch nicht ausziehen, denn uns erwarten noch 650 Meter gesicherter Steig im Abstieg. Zunächst geht es 200 Meter lang steil abwärts bis zur Stelle, wo der einfache Weg hoch kommt (AD bis AD+ (assez difficile = mäßig schwierig), dann wird es einfacher (PD). Der Weg auf dem schmalen Grat hat was, im folgenden Abstieg haben wir immer wieder Ketten zum Greifen, was den Abstieg auch wesentlich vereinfacht. In eine Stellung nahezu wie beim Abseilen gehen und dann die Kette nutzen, um zügig vorwärts zu kommen.

Zum Schluss haben wir noch einige Meter Fussmarsch durch den Wald nach unten bis zum Parkplatz. Ich bin mehr oder weniger 3,5 Stunden unterwegs gewesen, aber mit vielen Fotopausen und längerer Gipfelrast. In der vollen Länge in meiner Genusswertung vergebe ich 19+/20. Ein Steig, der also auch einen Höhepunkt einer Tour darstellen kann und der auch den größeren Umweg lohnt. Viel fürs Auge, viel für die Moral und auch dank des Zweiten Teiles genug an Kraftanstrengung. In der Summe reichlich Adrenalin für einige Stunden Dauergrinsen im Gesicht.

 

Hier kommt nun die Fotostrecke zum 2., Sportlichen Teil des Steiges bis auf den Gipfel:

 

Wir marschieren auf die Wand zu, in der wir nun nach oben wollen.

Der Pfad ist so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm.

Der Einstieg in den sportlichen Teil, es beginnt auf den ersten Metern überhängend, dann haben wir ein ganz kleines Ausruhstück,…

… ehe es dann ein größeres Stück überhängend zur Sache geht. Wir blicken schon auf die große Brücke und ahnen, dass es auch danach spannend bleibt.

Blick nach unten, der erste längere Überhang ist überwunden. Hier kann ich mal kurz ausruhen.

Und ich kann hier beim Ausruhen auch gucken, wie es weiter gehen wird… Beim Vergrößern sieht man sogar die U-Eisen hinter der Brücke.

Noch ein Blick nach unten, eine herrliche vertikale Wand…

Kurz vor der Brücke. Vergößern, um zu gucken, wie es danach weiter geht. Manch Einer will das aber vielleicht auch gar nicht wirklich wissen. Steht man aber hier, muss man da durch.

Auf der Brücke.

Es bleibt herrlich ausgesetzt. Adrenalin pur ist angesagt.

Mal von der Brücke nach unten gucken…

Und auch mal zurück blicken in die Wand, die ich bereits geschafft hab… Beim Vergrößern kann man gut die gemachte U-Eisenstrecke sehen.

Was für ein traumhafter Anblick…

Blick zum Einstieg in den sportlichen Teil. Beim Vergrößern den U-Eisen nach unten folgen und den Überhang am Beginn des Weges aus dieser Perspektive richtig gut erkennen.

Am Nachmittag hier lang zu gehen, hat den Vorteil, im Schatten klettern zu können. Eine wesentliche Erleichterung!

Auf Ihn!

Schon ein ganzes Stück oberhalb der Brücke. Je höher wir steigen, desto genialer werden die Blicke nach unten.

Und wir sehen, wir sind noch lange nicht am Ende, es kommt erneut ein kleiner Überhang auf uns zu.

Und auch den eben noch gesehenen Überhang haben wir geschafft Wieder mal nach unten gucken, um zu realisieren, was wir hier eigentlich machen…

Wer findet die Seilbrücke? Vergrößern hilft wie üblich.

Jetzt ist sie schon besser zu sehen, wir arbeiten uns ran.

Et Voilà… Einen Seiltanz bitte.

Seiltanz war „gestern“. Wir sind schon wieder weiter oben. Der Blick nach unten und das Wissen, da hoch gekommen zu sein, zaubert ein Grinsen ins Gesicht.

Nach oben schauen und sehen, dass es wieder überhängig wird.

Wir blicken bis zur Straße runter. Da unten wartet das Auto, aber noch etwas weiter links.

Wir blicken noch mal runter auf die Seilbrücke.

Luft unterm Hintern. Viel Luft…

Gleich ist es geschafft…

Oben – Blick auf Oliana und das Umland. Und wir sehen die letzten U-Eisen oberhalb des letzten Überhangs.

In der Schlucht unten haben wir die Straße von Lerida hinein in die Pyrenäen.

Hier sehen wir ein Stück der Straße und den Stausee oberhalb von Oliana.

Blick das Tal weiter hinauf in Richtung Seu de Urgell und Andorra.

Wir sind am Rande der Pyrenäen – ein toller Rundblick…

Das Gipfelkreuz und der Grat, auf dem wir dann weiter müssen.

Gipfelbucheintrag.

 

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