Wer bei diesem neuen Klettersteig, der 2022 eröffnet wurde, das Maximum an Spaß und Entdeckerfreude haben will, der achte auf der D118 zwischen Carcassonne und Mazamet wenige Kilometer vor Mazamet auf die schmale Sackgassenstraße nach Hautpoul. Auf dem ausgewiesenen Parkplatz oberhalb des alten Dörfchens parken und in dieses hineinwandern, steil bergab und der Ausschilderung Passerelle folgen, vorbei an den Ruinen des Schlosses.
Die Via Ferrata von Mazamet, hier ein Einblick kurz vor dem Betreten der Passerelle. Sieht irgendwie verwirrend aus, hat aber dennoch System.
Für den gesamten Spaß braucht man unbedingt eine Petzl Tandem Speed Seilrolle, denn es gibt insgesamt vier Seilbahnen. Es gibt allerdings auch eine Variante ohne Seilrollennutzung, die dennoch lang genug ist, dass sich der Steig trotzdem lohnt. Diese hat den Einstieg dann unten, dazu darf man nicht über die Passerelle gehen.
Auch diese Via Ferrata hat, wie in den Steigen des weitläufigen Zentralmassiv-Umfeldes zwei Schwierigkeitsvarianten, wobei man mehrfach wechseln kann. Insgesamt sieht das Topo erstmal etwas verwirrend aus – der Vielzahl möglicher Varianten geschuldet. Wer den Klettersteig so macht, wie ich ihn hier beschreibe, merkt dann doch eine gewisse Logik dahinter. Ich gehe hier den kompletten Steig in seiner längsten und schwierigsten Variante. Dabei bleibt das ganze aber nie über AD+ hinaus gehend. (Assez difficile + = mäßig schwierig +) Die Erbauer sprechen zwar für das schwerste Stück von D+ (difficile + = schwierig +), aber das ist eine etwas überambitionierte Bewertung, die höchsten dann greift, wenn man zu klein oder zu leicht ist…
Das Topo versucht etwas aufzuklären.
Wir ignorieren für den kompletten Spaß die Hinweisschilder auf die Via Ferrata (VF) vor der Passerelle und gehen zunächst über diese. Diese leicht wackelige Hängebrücke, die für jedermann und kostenlos nutzbar ist, ist an sich auch schon ein Highlight. Dass sie ebenso gratis ist wie auch der Klettersteig, verdient in Zeiten des Getriebenseins von Gewinnmaximierung einen Extra-Applaus.
An der anderen Seite halten wir uns leicht links und gehen einige Meter hinab (Hinweis V.F.), bis wir eine Tür sehen mit einem Verbotsschild „Verbot des Betretens ohne entsprechende Ausrüstung“.
Wir gehen durch diese Tür und müssen noch kurz bergab wandern – unter der Passerelle hindurch.
Es geht sofort zur Sache, wir starten sofort mit der Tyrolienne 1 (Seilbahn 1) = T1. Ich treffe hier zwei junge Frauen, die zum ersten Mal einen Klettersteig machen wollen und die sich dazu in der Touristeninfo die Ausrüstung geliehen haben. Diese funktioniert nach dem System, wie ich es in Marqueyssac kennengelernt – man muss sich von Beginn an „einfädeln“ und dann den einen Sicherungsstrang stetig an jeder Unterbrechung „durchfädeln“ und kann erst am Ende des Weges wieder raus, an Verzweigungsstellen wird es kompliziert, man muss die Sicherung je nachdem drehen, wohin man abzweigen will. Gewöhnungsbedürftig, aber mit etwas Übung geht es dann ganz gut – vorausgesetzt, man hat sich zu Beginn nicht verkehrt herum „eingefädelt“, dann wird es doof. Einer der beiden jungen Frauen passiert das so, sie merkt ihren Fehler erst, als es zu spät ist und sie nicht mehr raus kommt. Sie hat daher riesige Probleme mit dem Durchfädeln an den extrem häufigen Stellen, wo man das muss. Ich mit dem herkömmlichen 2-Strang System kann mich wesentlich leichter umklinken und auch oft sogar eine Umklinkstelle überspringen, wenn die Umklinkabstände sehr eng sind (und das ist häufig der Fall).
Links die Seilbahn T1. Wir sehen auch T2 und T3, darunter den Anmarschweg für Leute, die die Seilbahnen auslassen wollen, sowie überall im Fels Brücken, die zur Via Ferrata gehören (Vergrößern!). Natürlich haben wir auch die große Jedermann – Passerelle im Blick und sehen oben den Ort Hautpoul auf dem Felsen thronen. Und wir haben einiges an Action im Steig.
Vor der Seilbahn haben die zwei jungen Frauen doch einigen Respekt, sie scheinen auch nicht richtig in die Materialnutzung eingewiesen worden zu sein. Sie wollen mich daher vor lassen und mir zuschauen. Ich erkläre ihnen die Nutzung der Seilrolle und dann lasse ich mich fallen und nehme die erste Seilbahn.
Auf der anderen Seite (die Landebahnen hier sind alle super komfortabel) warte ich auf die beiden und lasse sie dann voran gehen, um sie als Klettersteigmodel zu nutzen, einen Job, den sie gerne annehmen…
Die beiden jungen Frauen in dem jeweils ersten Klettersteig ihres Lebens – und sie haben ihren Spaß. Hier muss zunächst ausgesetzt etwas abgeklettert werden.
Die eine junge Frau merkt dann ihre Schwierigkeiten mit dem Umklinken und so dauert es doch eine ganze Weile, ehe wir voran kommen. Inzwischen sind auch die beiden jungen Männer hinter mir, die ich oben auf dem Parkplatz kennengelernt habe. Aber für schmucke junge Frauen steht man dann auch gern im Stau und hilft moralisch, damit keine Panik aufkommt.
Will man hinter der T1 jemanden überholen lassen, so wie ich die beiden jungen Frauen, so kann man sich links in den Weg einklinken, der von unten hoch kommt, das ist der Einstiegsweg für Leute, die die Via Ferrata ohne Seilbahnen machen. Wir gehen dann die Via nach rechts oben, kurz hoch, dann ein ganzes Stück absteigend, dann beherzt und etwas ausgesetzt queren und dem Wegverlauf bis zur nächsten Gabelung folgen.
Ausgesetztes und beherztes Queren ist angesagt.
Hinter mir die jungen Männer, die ich bereits am Parkplatz kennen gelernt habe.
Und die beiden Frauen vor mir. Im Weg jede Menge kleiner Seilbrücken, Balken, es geht abwechslungsreich hoch und runter und es wird viel gequert. Der vorhandene Fels wird optimal genutzt.
Immer wieder gibt es kurze Seilbrücken und Balken. Hier an der Gabelung VF folgen, wenn man keine Seilbahnen macht, sonst wie wir der Markierung T2 folgen.
Es geht dann noch ein kurzes Stück am Fels lang, bis wir an der nächsten Seilbahnstartstelle sind (T2).
Am Start zur Seilbahn T2.
Und schon saust sie los.
Die Petzl Tandem Speed einklinken, fallen lassen…
… und schon sausen wir erneut über den Fluss.
Rechts T2 (mit Action), links daneben T3. Zweimal hintereinander geht es über das Flusstal.
Auch ich habe die T2 inzwischen hinter mir, jetzt folgen mir die zwei jungen Männer.
Ganz entspannt in der Seilbahn. Das macht schon richtig viel Spaß.
Auf der anderen Seite haben die beiden jungen Frauen sich verlaufen, sie haben den Abzweig nach links gewählt und damit zum Echappatoire (Notausstieg). Das ermöglicht ihnen aber, sich „auszufädeln“, um sich dann korrekt wieder „einzufädeln“ und mir und den beiden jungen Männern nach mir ermöglicht es, zu überholen. Ich habe nun die Männer als Klettersteigmodels vor mir und die Frauen hinter mir. Aber auch so ist der Steig gut begangen, so dass es reichlich Bilder mit Action gibt.
Um zur Seilbahn T3 zu kommen, nutzen wir den Strang, der gerade hoch geht. Wir haben nur einen kurzen Weg bis zur T3 und erneut sausen wir über den Fluss.
Seilbahn T3 geschafft. Weil die beiden Mädels sich hinter der 2. Seilbahn „verlaufen“ hatten, sind wir nun vorn und sie folgen uns. Wir haben aber versprochen, sie nicht alleine mit ihrem Schicksal zu lassen. Und ganz oben die Grande Passerelle.
Hier kommt aber erst mal noch der zweite der jungen Männer angesaust.
Im nächsten Posting steigen wir dann hier weiter…