Ich stehe um 08.15 Uhr auf, Yvonne braucht noch eine Weile, aber der Cappuchino-Duft lockt sie schließlich doch aus dem noch regennassen Zelt.
Eigentlich wollten wir uns Riberac ansehen, aber aufgrund eines großen Jahrmarktes oder ähnlichem finden wir keinen Parkplatz. Im Stop and Go geht es sehr langsam einmal im Kreis durch den überfüllten Ort. Recht schnell haben wir genug von unserem Wunsch nach etwas Kultur. Also kehrt, dem Stau entronnen und auf zu neuen Zielen.
Bald schon rollen wir den Weinbaugebieten um Bergerac und Sainte – Foy – la – Grande entgegen. Etwa 5 oder 6 km vor Sainte Foy fällt mir ein Schild mit der Aufschrift „Château Masburel“ auf. Ich nötige Yvonne zum Wenden.
Schon bald werden wir von dem jungen Arnaud Isnard aus dem Jura empfangen, der hier mit seinem Team die Arbeiten im besten Sinne der freundlichen und couragierten englischen Winzerin Olivia Donnan fortführt, die inzwischen ihren wohlverdienten Ruhestand antrat. Aber als Fan ihrer Weine werden wir sofort sehr freundlich empfangen. Die Masburel Weine sind für mich sehr guten Bordeaux- Weinen ebenbürtig, nur sind sie deutlich preisgünstiger und nicht den Spekulationen unterworfen, sondern einzig zum Trinken gedacht.
Wir bekommen die weitgehend nach biodynamischen Prinzipien bearbeiteten Weinberge zu sehen und dürfen den 2009er Merlot vom Stock weg naschen, ehe wir dann einige der Weine verkosten. Vorher zeigt uns Arnaud Isnard noch das Anwesen und erläutert die Geschichte der Wiederbelebung dieses Gutes durch Olivia Donnan, die ich auf den Weinmessen in Strasbourg und Lille desöfteren getroffen habe. Deren Weine wanderten nicht nur regelmäßig in meinen sondern auch in die Keller einiger Weinfreunde von Talk-abaut-Wine.
Nach zwei völlig gegensätzlichen Rosé-Weinen aus 2007 und 2008 (beide sehr gute Rosé Weine mit um die 90+/100 Th.) gibt es den 2002er Lady Masburel ins Glas, der jetzt sehr viel Freude macht (exzellente 93+/100 Th. und ein wahnsinnig gutes PGV). An normale Besucher und auf Messen verkauft man inzwischen eher die bereits trinkreiferen Weine, die auch ein Minimum an Spaß und Zugänglichkeit bieten. Daher gab es auch keine jüngeren Weine als den 2003er bei den Rotweinen zu kaufen.
Wir dürfen dann aber noch den neuen Spitzenwein Bolero – MonRavel aus dem Jahr 2005 probieren. Der 2003er Erstling liegt ja bereits nicht nur bei mir im Keller… Der 2005er hat schon jetzt eine geniale, tiefgründige und sehr komplexe Nase, will aber eigentlich noch wenigstens bis 2012 ruhen. Große 95+/100 Th. für einen Wein, wie ich ihn bislang aus dem Gebiet um Bergerac noch nicht im Glas hatte, vergleichbar mit meinen bislang besten Erfahrungen aus Pomerol oder Saint Emilion. Einzig der Preis erinnert nicht an einen Grand Cru. Auch Arnaud berichtet von Blindverkostungen gegen namhafte Weine aus dem Libournais, hinter denen sich der Montravel nicht zu verstecken brauchte, auch wenn er nur ein Drittel oder noch weniger als diese kostete.
Ich werde schwach – und nach den Pic Saint Loups vom Februar beschließe ich nun, auch von den Masburel – Weinen etwas in meine Prioratführerselektion aufzunehmen. Vielleicht sollte ich all diese Weine in einer Kategorie („Weine von unterwegs“?) zusammenfassen… Ein entsprechendes Angebot an die Freunde des Prioratführers bzw. an die Weinfreunde, unter anderem von Talk-about-Wine wird folgen, die Preise werden sich für vorher Reservierende auf dem Niveau des Ab Hof Preises + Transportkosten bewegen können.
Wir bekommen für unterwegs noch eine Flasche des 2008er Rosé´s geschenkt und schon wenige km weiter in St. Foy – la – Grande halten wir an, um unser Mittagspicknick zu machen. Die Weinverkostung machte Appetit. Wir schauen den alten Herren beim Boule-Training zu und nach dem Essen finden wr im Baumarkt gegenüber des Parks gleich noch eine neue Zeltunterlegplane.
Dann geht es weiter nach Duras, dem Hauptort des gleichnamigen kleinen Weinbaugebietes Côtes de Duras, welches zu Südwestfrankreich gehört, wie eben auch schon die Gebiete um Bergerac.
Da wir immer noch kulturhungrig sind, schauen wir uns das hübsche kleine Städtchen mit seinem Uhrenturm als Teil der Befestigung, seiner kleinen, aber schön ausgestatteten Kirche und seinen alten Markthallen genauer an.
Höhepunkt is die Besichtigung des Schlosses der Herzöge von Duras. Dieses wurde nach langer Periode des Zerfalls von der Stadt erworben und aufwändig restauriert. Heute dient es als Museum. Auch für Feiern u.ä. kann man Räumlichkeiten mieten. Besonders schön ist der Blick vom Turm (mit abenteuerlich engen und steilen Stufen) in den Innenhof, auf die Stadt und ins Umland.
In einem Saal ist die Möglichkeit einer Weinverkostung im Eintrittspreis inbegriffen. Täglich ist ein anderer Winzer aus der AOC Côtes de Duras an der Reihe, hier seine Weine vorzustellen und auch zu verkaufen. So lernen wir den Kleinerzeuger Amand Chilou kennen, der nur 3 ha Rebfläche bewirtschaftet. Der Clos du Petit Sainte Foy macht zwei verschiedene Rote, einen Rosé und zwei weiße Sauvignon Blancs.
Wir verkosten zunächst den einfachen Sauvignon Blanc aus 2007, der aufgrund seiner Aromenfülle, Frische und Typizität unser Favorit bleiben wird (sehr gute 89+/100 Th.), gefolgt vom 2008er Sauvignon Blanc Barrique. Dieser ist weniger eigenständig und will ein wenig „everybodys darling“ sein (sehr gute 88+/100 Th.).
Die Rotweine nach „maceration carbonique“ – Machart (Cuvée Allan 2008 und Cuvée Julia 2007) überzeugen uns beide nicht so sehr (gute 83 bis 85/100 Th.), der Vin Rouge 2006 ist verschlossen (85+?/100 Th.), der Vin Rouge 2005 schon etwas besser (ca. 87+/100 Th., beides gute Weine), aber wir sind wohl noch von den Masburel-Weinen und auch generell inzwischen zu sehr am Gaumen und in der Nase verwöhnt.
Ein gutes Preis-Genuss-Verhältnis zeichnet aber auch diese Weine aus, wenn wir sie direkt mitgenommen hätten, die Preise für 6 Flaschen liegen zwischen 22,50 € bis 30 €. Aber am Ende kommen sie an meinem persönlichen Favoriten aus der Gegend weder qualitativ noch vom PGV her vorbei…
In Marmande tanken wir zu 1,229 €/l. Super und kaufen ein. Wenig später in Le Clavier finden wir einen ruhigen Picknick- und Biwakplatz. Es gibt Thunfischsteaks mit roten Zwiebeln und Reis mit Erbsen dazu aus dem Trangia. Sehr gut passt hierzu unser Weißburgundermitbringsel:
Harzer Weingut Kirmann; Westerhäuser Königstein; Weißburgunder Spätlese; Saale-Unstrut; 2005 weiß : sehr floral, schön duftend mit sehr schöner Frische am Gaumen. Auf dem Niveau sehr guter mineralisch schneidender Chablis-Weine, die kein Fass gesehen haben. sehr gute 91+/100 Th.