Neujahr 2010 – vor der Rübezahlbaude in Waltersdorf im Zittauer Gebirge…
Es ist gefährlich glatt und neblig, wir verabschieden mit diversen Cocktails und einem wunderschönen und üppigen Bufett das alte Jahr, ich verzichte darauf, noch einen Wein aus dem Ärmel zu schütteln -zum Wohlfühlen ist´s dennoch – denn in der Rübezahlbaude ist es immer zum Wohlfühlen!!!
In unmittelbarer Nachbarschaft läßt uns jemand im badischen Dialekt an seinem Handytelefonat teilhaben:“Wir sind hier am Arsch der Welt, aber schön ist´s!“
Wir hören mehr Knaller als wir Raketen sehen – so neblig ist es als sich das schwierige 2009 verabschiedet – im Prinzip feiern wir, dass es vorbei ist…
Hoffentlich ist der Nebel kein Symbol für das, was uns 2010 erwartet, ebenso wie das Glatteis, auf das wir geführt werden und die Kälte, mit der uns das neue Jahr willkommen heißt…
Nein – Symbol ist mir eher die Gastfreundschaft in der Oberlausitz, die Wärme und Herzlichkeit, mit der ich hier immer wieder empfangen werde wie jeder, der hier im Dreiländereck zu Besuch weilt. Zu den vielen vielen schönen und erinnernswerte Momenten fügen wir einen weiteren hinzu.
Spätestens am Abend des Neujahrstages wird deutlich, dass das Jahr nur ein Besseres, ein Gutes werden kann. Wieder sitzen wir in der Rübezahlbaude, das Essen ist unübertrefflich gut – man kann es nicht besser machen, nur anders. Die Küche arbeitet ohne modernen Schnickschnack und Zaubermittel, es ist bodenständig regionale Küche, Oberlausitz mit einem Schuss Böhmisch.
Frische und auserlesene Zutaten sind das Credo, aber vom Feinsten verarbeitet und geschmacklich auf den Punkt gebracht. Wie selten erlebe ich in Deutschlands Restaurants, dass Rind oder Lamm wirklich auf den Punkt gebraten sind, wirklich medium und leicht blutig, statt eines Steaks, welches zu einer Schuhsohle vergewaltigt wurde…
Ob Fisch, ob Fleisch, ob Beilagen – hier stimmt alles in Menge und Qualität. Auch aktive Outdoorer werden problemlos satt, zudem ist auch das Preis – Genuss – Verhältnis exzellent. Kein Wunder, dass es hier brummt, egal, wann man kommt – ein Stück Wirtschaftswunder Ost ist hier live erlebbar.
Später, als die meisten der Gäste versorgt sind, hat auch Rübezahlwirt Johannes Hüttel Zeit, einen Schwatz mit uns zu machen und die mitgebrachten Weine zu verkosten. Zum Essen und auch danach passte der 1998er Muntada von Gerard Gauby hervorragend. Reif, aber dennoch von fast undurchdringlichem Schwarz, am Gaumen eine perfekte Harmonie. Bei aller explosiven Kraft steuert er mit Finesse und Eleganz gegen die Syrah-Frucht und Würze. Weise Gaumenakrobatik, mildes, eingeschmolzenes Tannin und eine tolle Länge kennzeichnen diesen Wein, der noch immer auf Weltklasseniveau mitspielt. 98/100 Th.
Aber auch der Wein, mit dem ich Johannes Hüttel zeige, was ich jetzt so mache (wir kennen uns noch von den 90ern, als ich etliche Male mit Jugendgruppen deutsch-spanischer und deutsch-französischer Austausche als Leiter hier zu Gast war) verführt unsere Gaumen.
Ich habe einen 2006er Ferral vom Celler Castellet aus meiner Prioratführerselektion aufziehen und dekantieren lassen. Fast schwarz und mit typischen Porrera Noten (dunkle Frucht, Kirschen, Schokokuchen Kaffeebohnen und Schiefermineralik) verführt er nach einiger Zeit im Dekanter. Die anfänglich dominierende schiefrige Säure bindet sich ein (es ist halt noch ein sehr junger Wein), er spielt mit uns, in dem er sich ständig im Dekanter und auch im Glas weiter verändert.
Eine kleine Geheimwaffe ist da am Start – der Eindruck der Probeflasche vom letzten Jahr bestätigt sich und ich bin froh, diesen Wein für die Freunde des Priorats nach Deutschland gebracht zu haben. Das Preis-Genuss-Verhältnis ist sensationell gut. Ich gebe 96+/100 Th. und wir alle sind rundherum zufrieden mit diesem gelungenen Start ins neue Jahr.
Mit diesem kleinen Bericht möchte ich zugleich allen meinen Lesern und Freunden des Prioratweins ein gesundes, friedliches und erfolgreiches glücksbringendes neues Jahr wünschen und noch einmal einen Dank nach Waltersdorf schicken.
Möge das Jahr 2010 so gut weitergehen, wie es begonnen hat.