Am 23. Februar 2010 sollte ich es ganz besonders eilig haben, vom Parkplatz der Vinisud 2010 zu kommen. Aber es geht gar nichts, ich bin regelrecht eingekesselt – ohnehin musste ich einen strategisch äußerst ungünstigen Parkplatz in Kauf nehmen.
19.20 Uhr – ich konnte das Auto noch nicht einen cm bewegen…
19.40 Uhr – ich stehe immer noch auf dem hinteren Platz, ringsum wird gedrängelt, die Frechsten siegen. Als Deutscher habe ich eher Angst um eine Beule und hoffe auf Freundlichkeit der Autofahrer ringsum – vergeblich…
20.10 Uhr – ich stehe nahe des Ausgangs des Parkplatzes und sehe – der Stau geht weiter – ich nehm die Gegenrichtung und fahre einmal um das Gelände, gewinne damit sicher mehr als 30 Minuten…
20.30 Uhr endlich der letzte kritische Kreisel, dann rollt es normal gen Montpellier Zentrum…
Wenig später finde ich mich in einem teuren und unübersichtlichen Parkhaus wieder und suche verzweifelt nach dem Ausgang in Richtung Museum Fabre…
Hier ist seit 19.00 Uhr das Event
WOW N° 3 – der Worldwide Original Winemakers im Gange.
Als ich endlich vor dem Museum stehe, habe ich Hunger, Durst und bin genervt vom Stau. Da gibt es unbedingt was zu optimieren beim nächsten Mal. Von anderen höre ich, dass sie das Auto auf dem Parkplatz stehen ließen und sich zu Fuß bis dorthin begaben,wo der Stau zu Ende war – dort ließen sie sich ein Taxi kommen…
Das Einschreiben in die „Teilnehmerliste“ ist ein förmlicher Routineakt, dann gibt es ein Heft mit Vorstellung der 15 beteiligten Winzer und ein Glas. Und dann „Viel Spaß!“
Das Bufett ist noch nicht ganz abgeräumt, man hat wohl ein Einsehen mit denen, die jetzt erst eintreffen können wie ich. Also erstmal kleine Köstlichkeiten greifen und den Hunger bedienen – denn der macht bekanntlich böse. Mein Gesicht hellt sich mit jedem der kleinen Appetithappen weiter auf, dann werfe ich einen Blick auf die Verkostetische – und sogleich winkt mir Alfredo Arribas von Portal del Priorat und Portal del Montsant zu.
Die letzte Museumsführung um 21.15 Uhr schenke ich mir dann doch. Stattdessen verkoste ich ausgiebig bei Alfredo und gönne mir dann noch eine kleine Runde – über 50 Weine von all den 15 Winzern kann ich mir auch nicht gönnen, zumal ich noch fahren muss und nicht überall Spuckgefäße zu sehen sind. Bei Alain Maurel aus den Cabardes, bei Champagne Tarlant oder bei Charles Joguet aus Chinon hätte ich auch noch gern gekostet, aber anbetrachts der Umstände passte das nicht mehr rein, genau so wenig wie die beiden mir natürlich völlig unbekannten Italiener Lauva und Val di Toro und einige andere. Richtig „hängen geblieben“ bin ich außer bei Alfredo Arribas nur bei der Domaine Rouge Bleu von der Rhône. Zu diesen beiden später in gesonderten Artikeln.
Bei einigen anderen habe ich nur „gepickt“ – zu den bemerkenswerteren Weinen an dieser Stelle einige kurze Bemerkungen:
The Three Foxes – Südafrika / Western Cape
Kleines Garagenweingut mit maximal 4000 Flaschen pro Jahr. Ausgesuchte kleinste spektakuläre Parzellen rings um das Kap, freundschaftliche Zusammenarbeit mit den entsprechenden Farmern, um beste Resultate im Weinberg zu erreichen, schonendste Behandlung des Materials im Keller (kaum Schweflung, keine chemischen Beigaben, wenig neues Holz, stattdessen alte französische Fuderfässer. Ungefilterte und ungeschönte Abfüllung.
The Vixen 2004 – tief und exotisch, ein exzellenter Wein und eine interessante Erfahrung, die Lust auf mehr von diesen mir unbekannten Gefilden macht. ***/*****
Château Beau – Rivage – Bordeaux / Haut Medoc
Nicht unbekanntes Bordelaiser Weingut von Christine Nadalié, die zugleich eine bekannte Barrique – Fass – Produzentin ist. Neben dem bekannten und zuverlässigen Bordeaux Château Beau – Rivage – quasi ein Bordeaux für jeden Tag gibt es einige kleine Miniauflagen interessanter Art.
Le Phare 2003 – sympathischer und schon sehr gut zugänglicher Wein auf dem Niveau guter Cru Bourgeois. Aus einer Selektion der ältesten Rebstöcke des Gutes. **/*****
Clos La Bohème 2005 – ein sehr überraschender Wein, fest und packend, fast von neuer Welt Stilistik, aber nicht ohne Eleganz. Mikrocuvée von 1,1 ha Rebland, welches ringsum klassifizierte Grand Cru Güter als Nachbarn hat. Auch dieser Wein hat für mich Cru Classé Qualität und wurde nicht umsonst im 2009er Guide Hachette mit dem Coup de Coeur geehrt. ***/*****!
Domaine de l´ Arjolle – Languedoc / V.d.P.
Den deutschen Weinfreunden ist Arjolle durch sein Jaques Weindepot – Sortiment bestens bekannt (dort ja einer der Blue Chips). Jetzt habe ich hier die Möglichkeit wahrgenommen, einen sehr interessanten Süßwein zu probieren.
Palais Royal o.J. – Vin de Liqueur – kleine Spielerei in Miniauflage. Sehr interessanter Wein, der wirkt, wie eine „leicht“ Version eines Maury Vintage. **-***/*****
Pares Balta – Penedes
Hier hatte ich ja bereits auf der Vinisud einiges probiert, als Zugabe am Abend habe ich hier noch einen trockenen Weißwein aus der Xarell – Lo Traube im Glas.
Calcari – Xarell – Lo 2009 weiß – sehr duftig und frisch und verlangt nach frischen Meeresfrüchten. Wirkt ein wenig wie ein Cava Brut ohne Blubber… Sehr interessant. **/*****
Zu den anderen beiden besuchten Produzenten später mehr.
*/***** – guter Wein (80-87/100 Th.)
**/***** – sehr guter Wein (88-92/100 Th.)
***/***** – exzellenter Wein (93-94/100 Th.)
****/***** – großer Wein (95-96/100 Th.)
*****/***** – Weltklassewein (ab 97/100 Th.)
! – hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis