In der Nacht hat es ein bisschen geregnet, still, heimlich und leise… Entsprechend sind am Morgen das Zelt und auch die Picknicktische feucht. Aber der Tisch läßt sich abwischen und das Frühstück schmeckt, der Platz für die Nacht in Thônes war ja wieder „tres calme“.
Bei Villard sur Thônes finden wir einen Intermarché zum Brot kaufen und für den morgendlichen Toilettenbesuch. Zwei Apres – Escalade Biere müssen auch noch mit, aber dazu mehr später, wenn sie getrunken werden. Auch tanken wir hier gern gleich noch mal das Auto voll, denn der Tarif ist für Frankreich auf dieser Tour der bislang günstigste. 1,54 € / l werden hier fällig. Wir haben aber auch schon Preise an Supermärkten jenseits der 1,70 € / l gesehen.
Auf dem Supermarktparkplatz und auch an der Tankstelle ist es proppevoll, was doch so ein einzelner Feiertag auch in Frankreich so ausmacht…
Dann fahren wir über La Clusaz in Richtung des Passes Col de Aravis. und schon bald können wir wieder die Klettersteigmontur anziehen.
Der Parkplatz für den Klettersteig Via Ferrata Yves Pollard – Villard befindet sich wenige Kilometer vor dem Paß auf der rechten Seite. etwa 300 m müssen wir dann noch der Straße folgen und dann geht es noch ca. 15 bis 20 Minuten gut ansteigend durch zumeist Wald, bis wir an der Wand am Einstieg in den Steig stehen.
Der Steig ist technisch etwas anspruchsvoller, wenn man ihn sportlich sauber (d.h. ohne in das Sicherungsseil zu greifen) durchsteigen will, es gibt einige Passagen, wo man sich die Griffe und Tritte im Fels suchen muss und ab und an muss man mal spreizen oder den Körper geschickt verschieben, um sich zu balancieren. Physisch wie auch psychisch wird das Limit aber im Gegensatz zum Vortag nicht erreicht, das D für difficile = schwierig ist vielleicht etwas übertrieben, zumindest für die geübten Klettersteiggeher. Allerdings hat der Steig seine Länge und da ist Ausdauer gefragt und dann man man das D schon ein klein wenig nachvollziehen. Dennoch, an Thônes reicht der Steig definitiv nicht heran, weder was die Luftigkeit noch was den Krafteinsatz angeht. es geht zumeist diagonal ansteigend vorwärts, die meiste Zeit ist man mit Queren und wenig mit Ansteigen beschäftigt.
Glücklicherweise wurde hier nicht zu viel Eisen verbaut, so dass man häufig Felsberührung hat. Jörg, der das Klettern im Fels nicht gewöhnt ist, empfindet den Steig aber deutlich schwerer als ich. Die Landschaft ist allenthalben sehr schön und ab und an hat man auch mal gut Luft unter dem Hintern, so das ich insgesamt 18,5/20 für diesen Steig vergebe. Das heißt, der Steig gehört insgesamt zu den richtig lohnenden Aktionen der Tour und man sollte ihn nicht verpassen, wenn man in der Gegend ist. In die Spitzengruppe der gemachten Steige schafft er es aber nicht.
Insgesamt ist er recht stark frequentiert und leider haben wir im zweiten Teil öfter mal Stau durch animierte Anfängergruppen, die sich zum Teil sehr langsam vorwärts bewegen. ich werde zwar vorbei gewunken, aber Jörg, der ja auch kein französisch spricht, nicht immer, so dass dieser am Ende hinter einer dieser Gruppen herspaziert. Als diese Gruppe dann auch noch den etwas schwereren Ausstieg über einen kurzen, aber knackigen Überhang ewig zu blockieren droht, entscheidet sich Jörg für die leichtere Ausstiegsvariante, damit wir wieder vorwärts kommen. Der Sortie de Aravis ist dann urplötzlich zu Ende und wir sind oben, noch ehe der erste der langsamen Gruppe es über den Überhang geschafft hat.
Ich finde den Steig insgesamt deutlich leichter als den gleich bewerteten Bruder in Thônes und das liegt nicht nur an der heute etwas mäßigeren Temperatur (es ist heute nicht brütend heiß, sondern nur sehr warm…). Die Länge, das Landschaftserlebnis und einige durchaus pikante Stellen aber machen ihn ebenso zu einem Erlebnis.
Positiv ist auch der Rückweg mit knieschonendem Idealgefälle, die Wanderstrecke nach unten läßt sich gut ablaufen.
Es folgt eine sehr ausführliche Fotostrecke vom Steig – um es nicht zu überladen, teile ich es wieder in mehrere Posts auf.
Hier die Impressionen vom Start des Steiges.
„Da lang!“
Schon der Beginn zeigt: Es geht nicht hoch, sondern rüber…
Zur anderen Seite sehen wir einen Kletterfelsen.
Jörg an der Tafel zum Klettersteig.
Er guckt noch recht skeptisch…
… vor allem, als ich ihm nahelege, nicht immer in das Sicherungsseil zu greifen.