Susa und das Team von 180° rufen zur Weinrallye auf – und es ist mir eine doppelte Ehrenpflicht, da aus dem tief verschneiten Bernburg zu grüßen. Zum einen natürlich der Susa und der 180° wegen schon, aber auch des Themas Syrah wegen… Zugegeben Mourvedre hätte mich auch nicht geschockt, da hätte ich genau so gerne mitgemacht – aber ein Syrah war dann doch leichter aus dem Trinkregal zu ziehen…
Ich habe Syrah nicht zuerst an der nördlichen Rhône lieben gelernt, sondern im Languedoc – die Côte Rôties und Hermitage´s waren mir anfangs zu teuer, aber später dann mußte ich auch davon probieren, genau wie von den „fetten“ Australiern, deren beste so fett gar nicht sind. Und selbst unter den Südafrikanern letztens in Jena waren mir die Syrah – Shiraz wieder mal die Liebsten…
Naja und selbst im Priorat gedeihen inzwischen hervorragende 100%ige Syrah – Weine, wenn auch gleich in nur kleinsten Mengen – aber ich will hier heute weder die 3 Degustacio´s auf den Thron heben, noch Sylvia Puig´s verspieltes Experiment mit den zwei Syrah´s von verschiedenen Böden – zu beiden Projekten kann man hier auf meinem Blog nachlesen und man könnte sogar noch die Weine aus beiden Projekten in kleinen Mengen bei mir erwerben (von den Degustacio – Weinen gab es nur je 300, vom Odys + Seus inclusive der beiden Bodenproben sogar nur jeweils 240 Flaschen (weltweit versteht sich) – nein ich kehre zurück zu meinem eigenen Syrah – Ursprung…
Dazu muss ich in die 90er zurück – in jene Zeit, als ich Jahr um Jahr im Februar / Anfang März nach Aniane fahren durfte. Unser französischer Jugendaustauschpartner CEMEA hatte dort eine Jugendbildungs- und Begegnungsstätte und wir boten gemeinsame Jugendleiterfortbildungen an, man konnte damit sowohl das französische BAFA erwerben, als auch ein Zertifikat unseres deutschen Vereines für die Arbeit als Animateur für Outdoorsportarten. Der Teil in Frankreich war traditionell in Aniane, wenn es bei uns noch bitterkalter Winter war und dort schon Frühling, der Teil in Deutschland fand immer Ende Oktober / Anfang November im Zittauer Gebirge statt.
Mit Schneechaos hatten wir all die Jahre einmal bei uns und einmal in Frankreich zu tun, aber während in Aniane der Schnee nur einige Stunden blieb – (bis er wieder weggetaut war aber wußten die Franzoen nicht, wie damit umzugehen gewesen wäre…) so hatten die Südfranzosen unter den Folgen eines enorm zeitigen Wintereinbruches im Zittauer Gebirge deutlicher zu leiden. Zugverspätungen wegen der ersten Schneeflocken auf der Schiene sorgten dafür, dass die Südfranzosen einen kompletten Tag zu spät erst wieder zu Hause waren…
Das eben fällt mir nur grade jetzt wieder ein, wenn ich an das erste Osterfest meines Lebens denke, welches wir hier im mitteldeutschen Flachland komplett im Schnee verbringen müssen… – aber dafür kann der Syrah nichts…
Ich entdeckte seinerzeit natürlich meine Leidenschaft für den Wein, ganz speziell für den Languedoc – Wein bzw. die damaligen dortigen Spitzenweine. Einen Tag hatte jeder der Ausbilder abwechselnd einmal frei – so auch ich und ich schwang mich am freien Tag gern auf´s Rad und besuchte die besten Weingüter der Umgebung. So lernte ich das Mas de Daumas Gassac, Clos Marie, Mas Jullien und andere kennen, aber auch die Domaine de l´ Aiguelière aus Montpeyroux.
Dank immer wieder kehrender lobender Erwähnungen im Guide Hachette war ich auch irgendwann scharf auf deren reinsortige Syrah – Weine, den Côte Rousse und den Côte Dorée und eines Tages stand ich dort mit dem Verkosteglas in der Hand und war von den 1993ern „geplättet“ – solche Kühle und Finesse, solche schneidende Aromatik, Würze, Tiefe und Länge und das bei nur 12,5° oder 13° Alkohol (für das Midi ja eher verschwindend wenig) – das kannte ich bislang aus dem Languedoc nicht – und das hatte auch mit den anderen Syrah´s aus dem Languedoc, die ich bis dato kannte, nichts gemein.
Ich glaube, es war sogar die erste Holzkiste, die ich aus Frankreich überhaupt mitbrachte, gefüllt mit jeweils drei Flaschen der beiden Côte – Weine… – und ab dem 1995er Jahrgang mußten es dann sogar zwei Kisten sein, eine vom Côte Rousse, eine vom Côte Dorée, per Rad im Rucksack von Montpeyroux nach Aniane transportiert und danach im Kleinbus nach Hause… Wozu es doch alles gut sein kann, wenn man eine große Kraxe besitzt!
Dann als es mit dem CEMEA – Austausch vorbei war, blieb die Freundschaft zum französischen Leiter der jahrelangen Projekte.
Angel sollte damals irgendeine zertifizierte Fortbildung zum Thema Höhlenforschen mit Kindern und Jugendlichen machen und dass, obwohl er als Koryphäe auf dem Gebiet galt – den Leuten, die ihm jetzt das Zertifikat hätten geben müssen, hatte er das Höhlenforschen erst beigebracht – Stumpfsinn der Bürokratie und Starrsinn der okzitanischen Seele führten am Ende zu seiner Kündigung bei dem Verein und wir wollten aber nur ihn und niemand sonst als Leiter… – die ostdeutsche Seele derer, die 1989 aufbegehrt haben, kann ebenso starrsinning sein…
Bis heute ist die Freundschaft geblieben und noch lange Jahre habe ich immer meine Kisten von der Domaine de l´ Aiguelière abgeholt – Weine wie diese waren letztlich ein Grund für mich, dann endlich mal die Fahrerlaubnis zu machen… Klar hätte man die Weine inzwischen auch bei Mövenpick und anderswo ordern können, aber diese Flaschen hätten für mich nicht dieselbe Geschichte gehabt, wie die vom Winzer abgeholten…
Und so habe ich jetzt beim Schreiben dieser Zeilen den 1998er Côte Dorée im Glas, der sich immer noch gut gehalten hat und vielleicht sogar inzwischen mehr Spaß als frühere Flaschen davon macht – immerhin gab es eine Schwächeperiode zwische 1997 und vielleicht 2000 dieser Weine für mich – und so ist der 1998er auch nicht groß, aber dennoch wenigstens exzellent (93/100 Th.) in meinen Augen.
Die noble Kühle ist da, die Eleganz auch, die Nase könnte etwas opulenter sein und der Wein vielschichtiger, wenn er das Recht auf Größe für sich in Anspruch nehmen wollte. Aber er macht jetzt solo eine nette Figur und hat auch zum Essen vorhin geglänzt… was gab es dazu?
Ganz „profanes“ rosa kurz gebratenes Lammfilet mit halbierten Schalotten, Babykartoffeln und Knoblauchzehen – alles deutlich eher in der Pfanne als die Lammfilets, dazu ein Gemüse aus grünen Bohnen und Flageoletten – jene zarten grünen Bohnenkerne, die ich mir immer aus Frankreich mitbringen muss, weil es sie in Deutschland nirgends gibt – warum auch immer das so ist…
Die Zeiten haben sich leider geändert, mir fehlt in meiner Selbständigkeit die Zeit, einfach mal so wieder zum Spaß nach Aniane zu fahren und die jüngsten Côte Rousse / Côte Dorée Weine in meinem Keller sind die 2004er, aber wenn ich wieder nach Aniane komme, ist die Fahrt nach Montpeyroux natürlich nach wie vor Pflicht
Aber während ich diese Zeilen schrieb, kam ein Anruf aus La Figuera, dass ich noch die letzten Kisten Èlia 2009 bekommen kann – aber das ist jetzt ein ganz anderes Thema und dennoch ruft damit die Arbeit wieder, schließlich will ich denen noch freudige Nachricht geben, die schon enttäuscht waren, dass dieser Wein heute in meinem Keller alle wurde…
Liebe Susa, danke dafür, dass du mich aber mit diesem Thema eine Zeit lang ins Erinnern und Schwärmen gebracht hast – ein Hoch auf die Syrah, die ich doch „kühl“ mehr mag als marmeladig und heiß…