An diesem Morgen auf dem Zeltplatz in Maîche ist das Zelt (zumindest von außen) sehr feucht und es ist sehr kühl – aber während des Frühstücks erwacht die Sonne und beginnt, uns zu wärmen.
Wir zahlen 10,30 € für zwei Personen, man hatte aber das Zelt nicht extra berechnet. Duschen sind inklusive und sie sind auch genau wie die Toiletten sehr sauber -insofern kann man den Platz durchaus empfehlen, wenn man wenigstens zu zweit unterwegs ist. Allein zahlt man fast dasselbe wie bei Übernachtung in der angeschlossenen Gîte.
Wir halten in Charquemont, um in der Coccinelle einkaufen zu gehen und fahren dann weiter nach La Boulois. Auch hier gibt es eine Gîte d´ Etape, es ist allerdings niemand da und ein Anruf ist auch erfolglos. Wir lassen das Auto dennoch hier stehen, denn von hier aus gibt es auch einen Wanderweg hinab zu den Echelles du Mort. Es geht die ganze Zeit bergab, zum Teil recht steil, man muss ca. 30 Minuten rechnen, bis man das Aussichtsplateau oberhalb der Todesleitern erreicht.
Hier bekommen wir sofort einen ersten Eindruck vom Klettersteig, als wir die gigantischen Brücken sehen, die auf uns warten. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, Yvonnes Gesichtsausdruck ist dagegen eher ängstlich und skeptisch. Derlei Brücken waren noch nie ihre Lieblingsbeschäftigung an den Klettersteigen.
Zunächst aber müssen wir über die eigentlichen Todesleitern hinab zum Einstieg in den Klettersteig. Hier handelt es sich um einen alten Schmugglerpfad – ganz früher waren es nur alte Baumstämme, die an den Fels gelehnt waren und über deren Verästelungen man hoch oder runter stieg. (ein solches Exemplar gibt es dann sogar im 2008 angelegten Klettersteig). Der Name schien also Programm zu sein…
Heute sind es bequeme Eisentreppen, die uns hier nach unten bringen. Schwindelfrei sollte man aber schon sein.
Der Klettersteig allerdings erfordert dann noch deutlich mehr als nur dieses – er gehört zu den schwierigsten Unternehmungen dieser Art, die ich bislang machte und bei den überdimensional langen Brücken wird neben Mut auch jede Menge Kraft gebraucht, um die Balance halten zu können…
Von unten sehen wir zunächst eine kleine Brücke „zum Üben“ – das ist so die meist übliche Länge dieser Aufheiterungen…
Unten geht es mit zwei hängenden Holzleitern los, dazwischen eine erste U-Eisen Passage im steilen Fels.
Es geht ohne Zampern los, gleich die Sprossenleiter zeigt, was alles so wackeln kann… nach der ersten kleinen tibetanischen Brücke geht es an verschiedenen Leitern steil und auch schon mal leicht überhängend nach oben.
Yvonne steigt dann bereits am ersten „Fluchtweg“ aus, da ich ihren Respekt vor den Brücken kenne und die jetzt folgende überhängende Querung sehe, überrede ich sie auch gar nicht, es doch zu probieren. Sie darf stattdessen den Fotoapparat übernehmen, bevor ich im Nichts verschwinde…
Schon hier gibt es eine gehörige Portion „Gaz“ – es ist jede Menge Luft unterm Hintern… Dann die lange tibetanische Brücke, die gar nicht zu enden scheint…
Auch wenn es auf den Fotos gar nicht so rüberkommt, es wackelt, was das Zeug hält.
Nicht schlecht, sprach der Specht und hämmerte die Eule im Fluge… Selbst aus der Perspektive des Weitwinkels sind weder Anfang noch Ende auszumachen…
Auch die daran anschließende Querung und der leicht überhängende Abstieg haben es in sich – es bleibt bei jeder Menge „Gaz“. Dazu bemerke ich, wie erbarmungslos inzwischen die Sonne knallt. Wir haben hier eine komplette Südlage und einen der schönsten Spätsommertage, den man sich vorstellen kann.
Dann kommt die 3 – Seil – Affenbrücke (Pont de singe 3 brins) – und wie man schon von den Touristenleitern her sehen konnte – die ist nicht kürzer als die erste lange Brücke – nur wackelt diese hier nochmals deutlich mehr…
Ein Seil für beide Füße, 2 für die Arme und erneut endlos lang…
An den Hölzern, die ein „V“ bilden, kann man sich zwar ausruhen – ich merkte das beim Drübersteigen, dass sich die Brücke beruhigte, wenn man sich hier anlehnte – aber schon beim ersten weiteren Schritt wackelte es wieder so erbarmungslos wie zuvor.
Da kann einem schon fast Hören und Sehen vergehen – hier erreiche ich in meiner derzeitigen Verfassung nach langer Krankheit meine psychischen und physischen Grenzen…
Selbst auf dem Abschnitt vom letzten „V“ zum Ende wackelt es nicht weniger und ich merke, wie die Kräfte schwinden.
Als es schließlich geschafft ist, gönne ich mir nach Herzenslust einen Befreiungsschrei. Als wenig später der zweite Fluchtweg kommt, steige auch ich aus – für dieses Mal reicht es mir, den dritten Abschnitt schenke ich mir vorerst. Es gäbe dann auch noch einen vierten, aber dazu benötigt man eine Petzl Seilrolle o.ä., um per Seilbahn über eine entsprechend lange und tiefe Schlucht zu sausen.
Eines Tages werde ich sicher wiederkommen und den Sack abhängen, den ich jetzt nach langer Periode des Nichts – Tuns dort hängen lassen musste.
Für heute aber schleiche ich den Berg wieder hoch zum Auto, dennoch mit unwahrscheinlich viel Glücksgefühlen und Adrenalin aufgeputscht.
Allein diese Gefühle lohnen jedes derartige Tun – zu empfehlen bleibt dieser Klettersteig, der zwar nur mit D+ (Difficile+) angegeben ist, für mich aber deutlich schwerer war, als alle früher von mir begangenen.
Er sollte auf jeden Fall den Sportlichen und Mutigen vorbehalten bleiben, Anfängern ohne genügend Klettersteig-Erfahrung ist abzuraten.