Bei Saint Genest sehe ich plötzlich ein Schild: „Passerelle des Gorges du Cher“ – das klingt spannend,vielleicht gibt es eine kleine schmale Touristenstraße durch die Schlucht…? Ich muss diesem Hinweis folgen, die Straße wird tatsächlich immer enger und abenteuerlicher, aber dann plötzlich weist das Schild einen engen Wanderweg hinunter. Das zusätzliche Schild „verboten für Kraftfahrzeuge aller Art“ hätte man sich sparen können. Wer würde hier runtergurken? Der Weg verschwindet in der Pampa, unten gurgelt der Fluss…
Ca 100 m zurück ist so etwas wie ein kleiner Parkplatz. Besser eine Haltebucht. Es ist schon recht spät, aber ich will´s wissen. Ich renne halb den Wanderweg runter, der nach einem halben Kilometer auf einen breiteren mündet, aber auch hier würde kein Normalo mit dem Auto lang wollen. Aber wer weiß, was es in dieser Gegend für verrückte Typen gibt. Es geht steil bergab und zunächst sehe ich Felsen auf der anderen Seite des Flusses…
– halt mal – mal ranzoomen – das wird doch keine Brücke sein? Tatsächlich, dort muss sich so etwas wie ein Klettersteig verbergen!
Und ein Kletterfelsen schließt sich scheinbar auch an…
Dann sehe ich, wie auf meiner Seite des Flusses eine Steiganlage an den Felsen montiert wurde, man geht quasi über dem Wasser des Flusses.
Ich komme um eine Ecke und sehe, dass ein Stück weiter vorn eine Brücke auf die andere Seite des Cher führt. Komme ich eventuell bis an den Klettersteig ran – zu dumm nur, dass ich bei meinem Spaziergang keinerlei Ausrüstung mitgenommen habe… Wie soll man das denn auch ahnen?
Die Brücke wackelt ein klein wenig, sollte aber für jedermann unbedenklich sein. Dafür hat man schöne Blicke über den Fluß.
Auf der anderen Seite sehe ich zunächst einige Steighilfen und ein fixes Sicherungsseil am Flussufer, vom Klettersteig wegführend.
Ich schlage mich über umgestürzte Bäume und durch Dickicht am Flussufer entlang bis hinter die nächste Kurve, aber der Weg scheint eher unwegsamer zu werden und ich beschließe, umzukehren, um mir wenigstens noch den Klettersteig anzusehen, vielleicht gibt es ja auch eine Informationstafel. Also wieder zurück und an der gesicherten Passage vorbei…
Dann komme ich an den Kletterwegen vorbei, hier wäre ein Topo durchaus interessant. Wenig später sehe ich U-Eisen Tritte – der Klettersteig!
Eigentlich erstmal ganz einladend. Ich habe zwei Möglichkeiten: Das Ding versuchen durch zu ziehen (ohne Ausrüstung, sprich Sicherung) und hoffen, dass er nicht super schwierig wird oder umkehren und ein zweites Mal wiederkommen – morgen oder später oder vielleicht dann doch nie…
Ich beschließe, einzusteigen, so lange es ohne Nervenanspannung und übermäßig Kraft geht, so dass es für mich kein Risiko wird. Es wird ohnehin nicht mehr lange hell sein und ich sollte Gas geben.
Bitte nicht als Aufforderung sehen, es mir nach zu machen. Jeder, der nicht absolut versiert im Klettersteiggehen ist, sollte den Steig nur mit der erforderlichen Ausrüstung machen! Und selbst wer versierter Klettersteiggeher ist, sollte es sich genau überlegen.
Für meinen Erfahrungsstand ist der Steig recht leicht, auch wenn man ab und an mal die Hände aus den Taschen nehmen sollte. Ins Sicherungsseil musste ich dennoch nicht fassen, es war immer genug an Griffen und Tritten oder an U-Eisen da,
Von ganz oben hat man einen schönen Blick – und während ich mich noch an den Brücken ergötze, höre ich ein Motorengeräusch immer lauter werdend, immer näher kommend. Was ist das? Da fährt tatsächlich einer mit seinem Auto mitten durch den Fluss und auf der anderen Seite den steilen Wanderweg hoch (auch das bitte nicht versuchen, nach zu machen!)!
Und ich dachte schon, ich hätte einen leichten Lattenschuß…
Das Absteigen ist ein wenig schwerer, aber nirgends überfordernd, auch die beiden Brücken sind nicht problematisch, sind sie doch nicht mit der Riesenbrücke an den Echelles de Mort vergleichbar. Insgesamt ist der Steig vielleicht minimal schwerer als der in den Vogesen oder auch der im Schweizer Jura. Und auch das nur, weil sich am Ende herausstellt, dass ich den Steig in der verkehrten, schwereren Richtung gegangen bin.
Als ich wieder auf der anderen Flussseite bin, kommt mir jener Franzose in seinem Geländewagen erneut entgegen und ehe ich den Fotoapparat richtig fotografierbereit habe, ist er wieder durch den Fluß (eine zaghaft angedeutete Furt ist schwach erkennbar, wenn man´s weiß…)
Viertel acht bin ich dann wieder am Auto und brauche dringend einen Übernachtungsplatz, es droht, in Kürze dunkel zu werden. In Mazirat folge ich einem Hinweis auf einen Plan d´ Eau und lande wieder fast am Fluß, am Ende ist die Weiterfahrt verboten und es gibt auch keinen Picknick- und Biwakplatz. Nur überall Verbotsschilder. Als ich wieder oben im Dorf Mazirat bin, ist es dunkel und mir bleibt nur als letzte Rettung der kommunale Zeltplatz. Kochen kann ich dort nirgends, keine Bank, nicht mal einen Stuhl gibt es, keinen Tisch. Toller Service! Aber auch im Dorf finde ich nichts – letztlich lande ich zum Abendbrot kochen und essen in der Bushaltestelle.
Dennoch gibt es Trangia deluxe:
Kartoffelstücken von drei Kartoffeln ankochen, dann Wasser abgießen und etwas Olivenöl drüber, Zwiebelstücke, Knoblauch und Zucchiniwürfel drauf, mit Salz, Pfeffer, Basilikum, Oregano, etwas Harissa, edelsüßem und scharfem Paprika würzen, umrühren, eine fleischige Tomate kleinschnippeln und dazu geben (ich habe ein schönes Ochsenherz genommen), dann die Queue de Lotte obendrauf legen (ich hatte im Auchan das kleinste Stück verlangt – dennoch 550 g… – hab es mir auch gleich entgräten und ausnehmen lassen, das gehört in Frankreich zum guten Service). Deckel drauf und fertig dünsten. Ganz zum Schluß mit dem Saft einer halben Zitrone und mit Fleur du Sel mit Kräutern abschmecken. Welch Gedicht!
Weinmäßig probiere ich die beiden heute gekauften Weine aus Huriel:
G. Desgrandes; Cuvée du Champ de la Ronde; Vin de Table; weiß – sehr frisch und mit Spaß zu trinken, sowohl zum Fisch, als auch zu den regionalen Käsesorten, hätte ich nicht erwartet, dass dieser unbekannte Wein für enorm wenig Geld tatsächlich so ein Spaßbringer ist. Sehr gute 88/100 Th.
G. Desgrandes; Cuvée du Champ de la Ronde; Vin de Table; rot – er steckt etwas hinter dem Weißen zurück, ist aber dennoch passabel zu trinken und für 3 € kann man hier keinesfalls meckern. Guter und trinkiger Gamay. 86/100 Th. Guter Wein.