Nachdem ich hier über die „alten“ Klassiker des Basissegmentes und über neue Winzer geschrieben habe, kommen wir heute zu den Weinen, die vielleicht den Begriff „Vin de Crise“ am ehesten rechtfertigen.
Die neuen Pioniere haben anfangs der 90er die Messlatte gleich hoch gelegt, qualitativ wie preislich, die nachfolgenden ambitionierten Weingüter taten es ihnen gleich. Diese Elite hat einen großen Wein, meist zwischen 35 und 70 € pro Flasche platziert, manche wie Alvaro Palacios haben noch ständig einen „Über-drüber-Wein“, wie hier den l´ Ermita; andere, wie Mas d´ en Gil produzieren so was wie den Gran Buig nur ab und an in wirklich großen Jahren.
Auch deren sogenannte zweiten oder dritten Weine, die Les Terrasses, Laurel, Coma Vella, Salanques, Embruix sind preislich weit entfernt davon, Basisweine zu sein. Ein Salanques kann schon zur Größe neigen, kostet aber auch entsprechend. Bei Burgos Porta, Escoda Rivero und einigen anderen sind die Preise von „Großem“ und „Kleinerem“ Wein gar nicht so weit voneinander entfernt, es fehlt diesen Weingütern an einem Brot- und Butterwein.
In den langen Jahren strammen Aufschwungs war der auch gar nicht nötig, die Weingüter lebten und konzentrierten sich auf das im Priorat Wesentliche – die Produktion von Spitzenweinen, die sich berechtigterweise der Weltelite zugehörig fühlen.
Doch zum Einen wird die Konkurrenz immer härter, mancher ehemalige Traubenproduzent macht heute seinen eigenen Wein (und diesen manchmal gar nicht schlecht), zum anderen stagniert die Nachfrage nach den Spitzenweinen oder bricht gar in manchen Ländern weg.
Verunsicherte Krisenkonsumenten sparen lieber bzw. haben eh volle Keller und können die Krise jetzt mit reifen Tropfen genüsslich aussitzen, die Krähen gar werden zu Geiern und warten auf die weiße Fahne vor diesem oder jenem Erzeuger- oder Händlerkeller und es boomt plötzlich die Nachfrage nach Prioratweinen der 10 bis 20 € Klasse oder gar noch drunter…
Was aber, wenn man keinen derartigen Wein hat? Dann muss halt einer kreiert werden – und so entstehen Tina 41, Les Crestes, GR – 174 und wie sie inzwischen alle heißen, klar ist dabei, dass es kein Ònix-Abklatsch werden darf, fraglich ist auch, ob die Kunden einen Mas Doix, Alvaro Palacios oder Vall Llach-Bonus vergeben werden…
Beim mündigen, von plumper Werbung kaum beeinflussbaren Kunden und in Blindproben aber werden sich diese vielleicht einzigen wirklichen „Vins de Crise“ vor allem einem zu stellen haben – einer inzwischen harten Konkurrenz in diesem Segment.
Vorbei ist die Zeit, in der ein Prioratwein für 10, 12 € dem Generalverdacht unterlag, nichts zu taugen, auch die gern genutzte Händleraussage „Es gibt sie kaum, aberwir haben Einen gefunden, der überzeugt, ist inzwischen nichts als Marketing-Verdummung.
So wie oben bei den Spitzen ist unten der Kampf um die besten Preis-Genuss-Verhältnisse längst entbrannt – und findet statt in einem gesunden Mix aus Erzeugern, die ich hier in den drei Folgen dieser Betrachtung erwähnt habe.
Wer´s nicht glauben mag, der teste die Weinauswahl des Prioratführers im Segment bis 15 € – ier gibt es inzwischen jede Menge Prioratspaß im Glas…