Eigentlich…

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… hätte heute der diesjährige langersehnte und auch nötige Jahresurlaub beginnen sollen – es gäbe noch etliche Klettersteige in den französischen Alpen, die auf mich warten.

Und in meinem Alter muss ich eigentlich anfangen, mich zu sputen, will ich einen Gut-Teil derart gesteckter Ziele noch erreichen – da ist jedes Jahr, wo man sagen muss:“…dieses Jahr nicht, nächstes vielleicht…“ ein verlorenes Jahr. Zumindest hinsichtlich der vielbeschworenen Work-/Live-Balance. Es kommt das Jahr, da begreifst du die Endlichkeit deines Seins und stellst fest, dass die Zeit verrinnt wie der Sand unter den Füßen…

Und dann kommt irgendein Ereignis, ein Schicksalsschlag, die Prügel durch die, die missgünstig und neidisch sind, durch diejenigen, die ihr Leben als Intriganten leben, für die Mobbing ein Grundbedürfnis ist, all die kleinen und großen Mieslinge, die es nun mal auch gibt im Leben. 10 Freunde retten nicht, was einer dieser Mieslinge an Schaden anrichten kann… Es gibt zum Glück auch nicht viele dieser Sorte Mensch – wie sollte man sonst das Leben aushalten, wäre die Welt voll von diesen Typen?

Es hilft dann auch nur, sich an diejenigen zu halten, die normal sind, die ein friedliches Leben leben wollen, sich an denen aufzumuntern, die einem in die Augen sehen, an denen zu wärmen, die ihr Leben in positivem Sinne teilen.

Zum Glück hatte ich in meinem Leben immer mehr dieser Menschen um mich, auf die ich stolz sein darf, über deren Nähe ich glücklich sein darf, die mit mir leben und mich leben lassen. Die Menschen, denen ich gern begegne, die mir ein Lächeln auf die Lippen zaubern (was die Natur und die Tiere eigentlich immer schaffen), die mich bestärken auf meinem Weg, denen man gern die Hand gibt und von denen ich den einen oder anderen umarmen möchte, weil ich froh bin, dass es ihn gibt – diese Menschen sind zum Glück nicht nur viele, es sind die Meisten – und doch es reicht manchmal ein einzelner mieser Typ mit dem Bösen im Blick und einem giftigen Herz, einem wie mir die Hölle vorzuführen. Und gibt es derer mehrere, die sich zusammenrotten, um schlagkräftiger zu sein, dann bleibt mitunter nur noch die Frage: Kampf oder Flucht… Ist der Kampf aussichtslos (es gibt Tage, an denen kannst du nicht gewinnen und solche, an denen hast du einfach verloren), dann ist Flucht auch keine Feigheit, sondern mutig – weil es zum Beispiel die Flucht nach vorn ist, ein Aufbruch zu neuen Ufern, ein tappen ins Ungewisse…

Solche Art Flucht sucht sich zwar niemand aus, aber wer sie antreten muss, der erkennt, dass dies noch spannender wie jede Bergbesteigung ist. Und so habe ich bei meinem jetzt nötigen Aufbruch zu neuen Ufern – oder in meinem Falle die Rückkehr zu meinen Wurzeln inzwischen den Mut wiedergefunden, der mir nach den Tagen der Flut abhanden gekommen schien.

Zwar muss ich in diesem Jahr auf meinen herbeigesehnten Alpenurlaub verzichten und ich bin auch unendlich traurig darüber, weil wie gesagt, es in diesem Sinne ein für mich verlorenes Jahr darstellt, aber ich habe den „Berg“, der jetzt vor mir liegt, als Herausforderung begriffen und will auf dessen Gipfel, auch wenn ich noch dabei bin, die richtige Route auszuarbeiten… Ich weiß weder, ob ich die Kraft und die Ausdauer dafür habe, aber ich habe inzwischen den Willen dazu. Und der starke Wille war immer schon eine der wichtigsten Triebfedern menschlichen, auch meines Handelns.

Und die ersten, die nicht nur ungläubig gucken, sondern mir Mut machen und mir unter die Arme greifen, sind auch schon gefunden…

Lange Jahre wurde ich immer wieder von den verschiedensten Leuten gefragt:“Was hält dich eigentlich in deinem tristen Kaff, da wo du wohnst? Und es gab immer vermeintliche Gründe, irgendwas, irgendwer war immer da, oft nur Kleinigkeiten, unbegreifbar vielleicht, aber existent – nur war die Antwort in all den Jahren nie:“Es ist Heimat für mich…“ Dazu ließ mich diese Stadt nie ankommen, ich blieb all die Jahre ein Fremder in ihr und oft vielleicht auch ein Fremdkörper, den man verstoßen muss oder zumindest auskotzen. Weil er sich ihr nicht unterordnet, in ihr kein Ja-Sager und Beifallsklatscher ist, sondern Einer, der aufbegehrt, verbessern möchte, mitgestalten – nur das vermeintlich Perfekte will sich nicht verbessern lassen… Das war 1988 schon so und ist bis heute unverändert und daher muss ich vielleicht heute wirklich sagen, ich war schon viel zu lange hier, hatte es mir gemütlich gemacht in meiner kleinen Nische, in der ich mich die meiste Zeit verstecken konnte. Weil es immer noch Ausflüchte gab, warum ich hier bleiben sollte…

Nun hat die diesjährige Flut es weggespült, die Antwort auf die Frage, was mich hier hält, lautet inzwischen schlichtweg:“Nichts!“

Verschiedenes kam zusammen, Diverses hat sich gebündelt und nun ist seit einigen Wochen klar – ich sollte besser flüchten – der Kampf hier ist sinnlos geworden, weil nicht gewinnbar, nicht mal ein Patt käme heraus. Und die Waffen sind höchst ungleich verteilt.
Also ist Flucht das einzig Sinnvolle. Reset-Taste und dann Neustart… Auf zu neuen und doch vertrauten Ufern, Heimat finden, oder vielleicht nur sie wiederfinden…

Meine Tage hier sind bald schon gezählt, gegenwärtig restauriere ich, wann immer es geht, das Haus, in dem ich aufgewachsen bin – um dort Heimat wiederzufinden. „Ein Haus? Du mit deinen zwei linken Händen?“, so sagen es die Ungläubigen, „Kann ich dir irgend wobei helfen?“, fragen die Freunde und Wohlgesonnenen…

Inzwischen tue ich Dinge, die ich mein Lebtag nie getan habe und von denen ich es nicht für möglich gehalten habe, dass ich sie einmal tun werde. Wenn ich jetzt demnächst wieder hinkomme und der Putz ist nicht wieder von der Wand gefallen, dann bin ich, glaube ich, sogar ein wenig stolz auf mich. Kann sein, dass ich zwei linke Hände habe, mir wurde nie gezeigt, wie sie zu gebrauchen sind, als Kind wurde ich fern gehalten, bis kein Interesse mehr da war. Heute weiß ich nicht mal, ob ich vielleicht Linkshänder bin – ich versuche es, mit links zu machen, so gut es eben geht… Die richtige Route finden…

Warum ich all diese sehr persönliche Befindlichkeit aufschreibe? Ich will euch schon informieren, dass große und wichtige Veränderungen anstehen – aber eben auch, weil das, was mir in den letzten Jahren liebgeworden ist, mit kommen soll – von hier weg gehen soll nicht heißen, die Existenz aufzugeben. Ich möchte sie mitnehmen und sie sich weiter entwickeln lassen, denn inzwischen zweifle ich nicht mehr daran, dass dies dereinst die richtige Entscheidung war…

Ich glaube an mein Priorat, daran, dass das wichtig ist, was ich dort tue, auch wenn es nicht viel ist, es ist dass, wozu die Kräfte reichen, ich glaube an meine Winzer, an ihre Leidenschaft, mit der sie rangehen, nicht nur gute Weine machen zu wollen, sondern ihnen bestmögliche – und seien es die Besten der Welt, dann sei es drum…

Ihre Leidenschaft im Weinberg und im Keller mit den Resultaten aus der Flasche – diese möchte ich weitertragen mit den Artikeln auf meinem Blog, mit meinem Projekt vom Prioratführer und auch mit den eigens für meine Selektion ausgesuchten Flaschen. Flaschen, auf die ich stolz bin, dass es sie gibt, und stolz darauf, dass ich sie für euch entdecken darf, um euch damit ein genussreicheres Leben zu schenken. So ist meine Prioratführerselektion nach wie vor kein normaler schlichter Weinhandel (und deswegen gibt es dort auch nach wie vor keinen anonymen Shop), wo nach Parkerpunkten ge- und verkauft wird, wo auf größtmöglichen Profit spekuliert wird, nein es ist schlicht und einfach ein gastlicher Ort der Teilhabe.

Ich möchte euch keinen „irgendsoeinen Wein wie 1000 andere“ verkaufen, ich möchte euch die Leidenschaft der von mir für euch entdeckten Winzer transferieren – in euch die Sehnsucht nach dem Prioratwein wecken und die Sehnsucht nach dem Priorat und seinen leidenschaftlichen Winzern, auf die ich stolz bin. Mittler sein, Botschafter, Lehrer, ja auch Verführer.

Und all das soll nicht enden, nur weil ich meine Tage hier in dieser Stadt gezählt sehe. Vielleicht soll das erst richtig beginnen, natürlich auch mit eurer Hilfe.

Jede eure Hilfe ist willkommen, das Haus wieder behausbar und dann mit der Zeit sogar bewohnbar zu machen, egal, ob ihr einen Handschlag mithelfen wollt und im Gegenzug dafür an meiner Gastfreundschaft teil habt, oder ob es durch eure Bestellungen dazu führt, dass alles sich so positiv weiter entwickelt wie es bis hierher geschehen ist und ihr mich damit auf meinem jetzt nicht leichteren Weg nicht hängen lasst.

Da ich derzeit ständig hin und her pendle, aber ich unter der neuen Adresse noch keine Möglichkeit habe, von dort aus zu arbeiten, bitte ich um Geduld, wenn mal nicht sofort reagiert wird. Gegenwärtig sehe ich Bestellungen nur, wenn ich hier bin und mich nicht im verputzen mit Lehm und im Malern und Handwerken übe – aber ich sehe sie dann und bearbeite sie… Und wenn der Moment des Umzugs näher rückt, dann werde ich auch an beiden Stellen entsprechend reagieren können…

Länger abgetaucht bin ich aber dann Ende des Monats bis Mitte September doch noch einmal, denn dann freue ich mich darauf, dass es erneut Interessierte gibt, die von mir live durch das Priorat geführt werden wollen. Für diese Liebhaber bastle ich gerade ein spannendes Programm und auch da bin ich dann ganz in meinem Element…

So, what do you think ?