Bereits zur Fira dieses Jahr haben wir einen Besuch von Jaume in Deutschland abgesprochen – wann könnte er sich eine Woche Urlaub erlauben, um einmal das Land kennen zu lernen, in das er seit langem und lange als Einziges seine Weine exportiert…
Die paar (in guten, ertragreichen Jahren etwa 8.000) Flaschen sind in Katalonien immer vor Ort schnell verteilt gewesen und erst die Krise in Spanien ließ Jaume umdenken und auch ein klein wenig mehr exportieren. Da wir uns aber seit langem kennen und ich von Anbeginn an ein Fan seiner Weine war, habe ich Pater seit dem Jahrgang 2005 und Èlia seit 2006 im Angebot der Prioratführerselektion gehabt – begonnen hat das quasi mit meinem Start der Prioratführerselektion in 2008…
Und jetzt in der letzten Novemberwoche war es endlich soweit…
Am Montag Nachmittag „düse“ ich nach Tegel, ergattere sogar einen kostenfreien Parkplatz unweit des Flughafens und erwarte die Ankunft der Maschine aus Barcelona.
Mit nur wenigen Minuten Verspätung landet diese und wenig später entdecken wir einander – Jaume muss zunächst aber noch auf sein Gepäck warten.
Wir fahren dann allerdings bereits ins Dunkle – der Nachteil am November sind die kurzen Tage. Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir die Burg Rabenstein im Hohen Fläming. Dort ist allerdings niemand mehr, also wird es nichts mit direkten Absprachen und einem Begrüßungskaffee im historischen Ambiente.
Stattdessen trinken wir dann im Waldschlößchen nahe Coswig den Kaffee – und bekommen sogar besten hausgemachten Kuchen dazu. Alles wird hier per extra großer Modelleisenbahn serviert, Jaume kommt aus dem Lachen nicht mehr raus, als uns die Bahn Kaffee und mit einem zweiten Zug den Kuchen an den Tisch bringt und später auch die Rechnung im ICE…
Schnell noch Brot kaufen und ein paar heimische Biere (die dann vom Weintrinker Jaume doch nicht alle getrunken werden) und dann nach Hause zu mir. Der erste Abend wird ruhig und ist zum Ankommen gedacht. Nach einem Scelerata – Âme Noire 2003 der Domaine Sol Payre aus dem Roussillon zum Essen gönnen wir uns dann noch einen ersten großen Wein. Der Roussillon brachte es auf sehr gute 92/100 Th., der dann in Ruhe getrunkene 2003er Rouge von Mas Jullien aus dem Languedoc verblüffte uns dann schon ein wenig. Ich habe den roten Mas Jullien aus diesem Jahr bislang noch nie so gut getrunken, wie an jenem Abend. 95+/100 Th.
(NB: Ich habe mich in jener Woche nicht auf das Verfassen von ausgiebigen Verkostungsnotizen konzentriert, daher gibt es zu den Weinen oft nur knappe Hinweise meinerseits)
Am nächsten Morgen sollte der Wecker uns beizeiten aus den Betten klingeln, von daher blieben wir am ersten Abend sehr „gesittet“.
Auf dem Weg in den Ruhrpott stoppten wir zunächst in Westerhausen bei Quedlinburg. Ein erster Programmpunkt war der Besuch beim Harzer Weingut Kirmann. Beide Weinbaubetriebe harmonieren in etwa von der Größe und auch von der Philosophie, sich auf das optimal Machbare zu stürzen.
Matthias fuhr zunächst mit uns raus zu seinem neu angelegten Weinberg nahe der Zufahrt zur B6n. Die dieses Jahr gepflanzten Reben tun sich noch schwer mit ihrem Leben – das Jahr war sowohl hier wie auch im Priorat / Montsant wettermäßig „eigen“…
Mit der Qualität der 2013er Moste ist Matthias aber zufrieden, wie wir nach der Stippvisite am „alten“ Weinberg unterhalb der Kletterfelsen des Königsteins im Keller erfahren konnten. Wir probierten diverse 2013er aus den Gärtanks. Da wir aber nicht ganz so viel Zeit hatten, gingen wir dann nicht in den Fasskeller, sondern in den Probenraum, um die aktuelle Kollektion zu probieren bzw. das, was davon noch da ist…
Beim Müller-Thurgau hat Matthias bereits eine erste Partie des 2013ers auf die Flasche gezogen, denn der 2012er ist ausgetrunken…
Der 2013er ist voll in der Linie zu früheren Jahren, hier wird beständig ein sehr guter Müller in die Flasche gezaubert, auch wenn diese Sorte bei vielen erst mal Schulterzucken hervorruft – wer aber gekostet hat, muss seine Vorurteile duchaus revidieren.
Sehr viel Spaß macht der Riesling & Traminer 2012. Auch hier gab es Ernteeinbußen, aber eine Cuvée wie diese ist für Querdenker Kirmann ebensowenig ein Problem wie auch andere Kuriositäten im aktuellen Angebot. Und dass, was wir am Gaumen haben, bestätigt, dass er recht getan hat…
So beim Dornfelder „Zeitlos“, der ein Verschnitt der Jahrgänge 2010 und 2011 ist oder beim 2011er Spätburgunder aus dem Holzfass, den die Fachjuroren der Qualitätsweinprüfung als „fehlerhaft“ einstuften. Der Spätburgunder im Stil einer Auslese wird nun als Deutscher Wein verkauft. Matthias sieht nunmehr darin einen Vorteil, weil nicht mehr Saale – Unstrut auf dem Etikett stehen muss. Und mit Saale – Unstrut haben ja die meisten seiner Weine nichts gemein. Wenn es dann als nicht gebietstypisch abqualifiziert wird, ist das ja eigentlich nicht anders gewollt…
Auch der Cabernet – Mitos 2011 ist gewohnt großartig, bei den drei Roten haben wir exzellente, wenn nicht mit Reife sogar große Weine.
Jaume und Matthias verstehen sich auf Anhieb – auch ohne gemeinsame Sprache – der Wein wird hier zum Sprachmittler. Jaume hat nun Hausaufgaben mitgenommen – die beiden werden nicht das letzte Mal aufeinander getroffen sein. Wenn zwei Köpfe dieser Art aufeinander stoßen, entwickeln sich schnell Potentiale und Ideen.
Die weite Fahrt, die wir noch vor uns haben, wird kurzweilig nach dem Besuch beim Kirmann…