Didier Grappe kenne ich bereits seit etlichen Jahren, anfangs war er einer von vielen guten Winzern im Jura, die den Halt lohnten. Für das Jura ist er einer der Pioniere in der konsequenten Naturweinszene und somit geriet er mehr und mehr in den Fokus der Freaks.
Im Gepäck für die Urlaubstour habe ich auch einen Wein von ihm, was liegt also näher, als gleich noch einmal nach St.-Lothain zu fahren und für Nachschub zu sorgen.
Das Hoftor steht auf, aber an der Tür zum Weinverkauf steht ein Schild, dass er leider ausverkauft sei und daher keine Kunden derzeit empfangen könne. Ich wende mich bereits enttäuscht zum Gehen, als seine Mutter, die mich ja bereits von früheren Besuchen kennt, hinter mir her ruft. Augenscheinlich hat sie mich wieder erkannt und bittet mich hinein.
Zu verkosten gäbe es nichts mehr, sie habe nur noch ganz wenige Flaschen, entschuldigt sie sich, ich könne aber ein paar einzelne Flaschen gerne noch mitnehmen…
Während sie so spricht, stellt sie zwei Gläser auf den Tisch und öffnet einen 2011er Chardonnay… „Aber trinken können wir natürlich etwas…“
Neben dem Chardonnay wandern dann auch noch jeweils „streng limitiert“ eine Flasche seines ersten Vin Jaune und sein punkiger Schaumwein „Clash“ in die Kiste, die mit nach Hause darf.
Der „Clash“ wird nicht mehr als Cremant du Jura bezeichnet, denn er entspricht als „Zero Dosage“ nicht mehr dem Reglement der AOC.
Über den Vin Jaune 2005 habe ich mit Didier bereits bei meinem ersten Besuch gesprochen, nun endlich halte ich das Endprodukt in meinen Händen und vertraue hier einfach blind auch ohne Verkostung.
Später kommt Didier selbst noch hinzu und die Flasche Chardonnay wird somit alle…
Weiter fahre ich nach Arlay zum dortigen Schloss. Der Comté Laguiche und seine Frau vom Château d´ Arlay empfangen mich persönlich und nehmen sich dann ganz viel Zeit für mich, erinnern sie sich doch auch noch an meinen ersten Besuch im November 1997, als ich mit dem Fahrrad an der Pforte klingelte, zurück.
Die letzten Touristen gehen, die junge Frau hinterm Tresen darf Feierabend machen und für mich geht es nun richtig los…
Vorher gab es das ins Glas, was jeder so ins Glas bekommt, jetzt machen wir weiter – zunächst mit einer kleinen Vertikale des Tradition – der juratypischen Weißweincuvée aus Chardonnay und Savagnin.
2010 – für mich am Juratypischsten. leider fast ausverkauft
2006 – ein Spätstarter, der jetzt langsam anfängt, Spaß zu machen, aber er hat weniger aromatische Tiefe als der 2010er
2009- recht burgundisch und atypisch, aber auf seine Art sehr gut.
2008 – als Ersatz für 2010, wenn dieser alle ist, eine schöne Frische und schon mit einiger Reife, sogar mit einem leichten Petrolton.
2011 – noch zu jung, aber ansprechend.
Dann kommen die grandiosen Vin Jaune, zunächst der wuchtige und volle 2009er, der schon wie bei Lucien Aviet auf einen tollen Jahrgang verweist, dann der subtile 2007er mit einer rauchigen Nase und blondem Tabak.
Plötzlich werde ich angelächelt und schwupps, habe ich den 1998er Vin Jaune im Glas, der ist schon sehr schön gereift und kann bereits mit viel Spaß getrunken werden, schon jetzt ist er sehr harmonisch und ausgewogen.
Als Rausschmeißer kommt dann noch einmal der 2000er Vin de Paille ins Glas, der schon bei mir im Keller verbuddelt ist. Schön, hier eine Zustandskontrolle machen zu können… Ein nobles süßes Vergnügen wie von einem anderen Stern. Ein sehr dunkles Braun und schon in der Nase ganz großes Kino.
Zum Glück muss ich nicht mehr weit, um das Zelt aufstellen zu können.
Ich bleibe beim Jura Wein zum Essen, der 2010er Chardonnay von Didier Grappe muss nicht mehr weiter mitfahren… Mit Luft legt der Wein immer mehr zu, er ist mehr Charonnay als Jura, enorm frisch und sehr trinkig, ein Wein zum Essen auf hohem Niveau, der auch mehr gekonnt hätte als eine Trangia Nudelpfanne mit Zucchini, Paprika, bunten Tomaten und Würstchen zu begleiten. Sehr gute 92+/100 Th.
Zufrieden krieche ich in den Schlafsack… Ich bin zwar weniger weit gekommen als gedacht, aber mit was für schönen Weinerlebnissen gesegnet…