Bei der Verkostung in Oberhausen habe ich mir nur zu den drei getrunkenen Prioratweinen eine Kurznotiz gemacht.
Pasanau Germans; Finca La Planeta; Priorat – La Morera de Montsant; 1999 rot;
Braucht im Glas Luft, um langsam aber stetig besser zu werden, es beginnt mit einer roten Paprika, die auf einen cabernetlastigen Wein schließen läßt, dann kommt ein Anflug an Bounty und ein Gewürzbasar hinzu. Blind bin ich nicht im Priorat, aber ich vermute einen Wein mit hohem Cabernet-Anteil. Am Gaumen voll im Geschmack bei mittlerem Körper, die würzigen Noten dominieren hier. Es fehlt mir etwas an Länge, aber der Wein bietet einen sehr guten Trinkspaß.
93/100 Th. Exzellenter Wein.
Mas Martinet; Clos Martinet; Priorat – Falset; 1999 rot;
Braucht ebenfalls Luft, wird dann in der Nase sehr nobel mit dunklen Aromen. Er macht mit der Zeit immer mehr auf. Auch am sehr vollen Gaumen dominieren dunkle Aromen, dazu sehr schöne edle Hölzer, Schokolade – eine Praline mit karamelisierten Kräutern. Er zeigt eine erste anfängliche Reife. Ein sehr opulenter, komplexer Wein. Fast schon ein wenig zu viel des Guten? Dennoch Größe will ich ihm nicht absprechen. 95/100 Th.
Clos Figueres; Clos Figueras; Priorat – Gratallops; 2001 rot;
Was für ein wunderbarer Nasenwein?!Genial und vielschichtig, tief und würzig. Am Gaumen mineralisch, tief und sehr komplex. Ein sehr großer chinesischer Fächer wird hier zum Wedeln nach dem Aufguss benutzt! Ganz großes Kino und genau der richtige Wein, nach dessen Genuss man sich auf den Weg ins Priorat machen sollte. 98+/100 Th. Weltklassewein.
Verkostung auf der Domaine Rotier in der AOC Gaillac
Der Weinbau ist seit römischer Zeit nachgewiesen. Gaillac ist bereits im 13. Jahrhundert berühmt und der noch heute hier und da anzutreffende Perlwein ist einer der ersten Erzeugnisse mit einer Art AOC, erlassen durch den Herzog von Toulouse Raymond VII.
Die Weine wachsen auf Kalksteinhängen und in Gegenden mit Schwemmkieseln (Graves), sehr speziell sind einige autochthone Rebsorten, die in starken Anteilen verwendet werden und die dem Wein einen eigenen Charakter verleihen.
Die weißen Sorten sind Mauzac, Len de l´El (Loin de l´Oeil), Ondenc, Sauvignon Blanc und Muscadelle. Rote Trauben sind Duras, Braucol (Fer-Servadou), Syrah, Gamay, Negrette, Cabernet und Merlot. Man findet weiße Perlweine, trockene und edelsüße Weißweine, ein wenig Rosé und Rotweine, insagsamt sind noch knapp 4.000 ha bestockt, von denen etwa ein Prozent die Rebfläche der Domaine Rotier ausmacht. Der Familienbetrieb hat sich in den letzten Jahren sehr stark der Qualitätssteigerung verschrieben und geht inzwischen in Richtung Bio-Weinbau. Alain Rotier – der Senior und Francis Marré – der Junior haben inzwischen mindestens 5 Mal einen Coup de Coeur im Guide Hachette bekommen und „unzählige Sterne“, meist für den edelsüßen Renaissance Doux aus 100% Len de l´El, aber auch für die anspruchsvollen Rotweine aus Braucol und Duras, denen in manchen Cuvées etwas Syrah beigefügt ist.
Wir kosten den trockenen Weißen Initial; 2010. Zwei Drittel Len de l´El, ein Drittel Sauvignon, ohne Holzausbau.
Er zeigt eine duftige Nase, florale Noten am Gaumen, wird dann leider etwas alkoholisch. Gute 86/100 Th.
Renaissance Sec; 2009 weiß, aus den vorgenannten Rebsorten, aber im Faß vergoren und ausgebaut (- allerdings weniger als 10% Neues Holz)
Das Holz ist sehr verhalten, der Wein ist schön zu trinken und sehr balanciert. Sehr guter Wein. 90/100 Th.
Selbst Kreutzers mit „Weißweinholzallergie“ reagieren recht positiv, obwohl sie anfangs fast gar nicht kosten wollten.
Les Gravels; 2009 rot, 30% Duras, 45% Braucol, 25% Syrah. Kein Holz.
Fruchtig, aber auch spicy. Ist noch nicht ganz ausbalanciert, zeigt aber gute Anlagen. Sehr guter Wein. 88+/100 Th.
Renaissance Rouge; 2008 rot , 30% Duras, 40% Braucol, 30% Syrah.Ein Jahr im Barrique (15% neue Fässer).
Deutlich tiefer und ernsthafter. Auch hier eine würzige Frucht und dazu Lakritznoten. Noch kein Klassenwechsel, aber am oberen Rand der sehr guten Weine. 91+/100 Th.
L´ Âme; 2008 rot, 70% Duras, 30% Braucol. Ein Jahr im 400 l Fass (20% neu) ausgebaut. 5.000 Flaschen.
Noch etwas jung, aber mit sehr schönen Anlagen und Tiefe zeigend. Cassis und Graphit, tintig. Eine gute Säurebasis verleiht Frische, das Tannin offenbart Lagerfähigkeit (laut Domaine bis zu 15 Jahren) – gegenwärtig eigentlich noch zu jung, aber öffnet sich im Laufe des Abends ein wenig mehr. Ein schnittig-kantiges Feldwebelgesicht. Langer Nachhall. Exzellenter Wein. 93+/100 Th.
Sollte aber nicht wie die Prioratweine über mehrere Tage getrunken werden, der Rest in der Flasche machte am 3. Tag keinen Spaß mehr. Eine parfümierte Nase, aber am Gaumen mit bissiger Säure – nicht mehr zu bewerten.
Wir können noch aus der privaten Reserve des Winzers einen 2007er L´Âme kaufen (offiziel gibt es noch einige Magnums davon). er zeigt eine deutlich expressivere Nase, ist tief würzig. Auch er hat noch Ecken und Kanten, ist aber deutlich harmonischer. Hier könnte sich ein durchaus großer Wein entwickleln. Derzeit exzellente 94+/100 Th.
Im Gegensatz zum 2008er wird der 2007er zum und nach dem Abendessen problemlos alle.
Renaissance Doux; 2008 weiß-süß, 100% len de l´El, 10 Monate im Holz ausgebaut (15% neu), bis 10 Jahre lagerfähig, Coup de Coeur im Guide Hachette 2011.
Üppige, botrytisgeprägte Aromen. mir gefällt die schöne Süße-Säure Balance, die ich an den Süßweinen aus Südwestfrankreich oft so schätze. Dies verleiht ihnen für mich mehr Trinkspaß als es mir die süßen Weine des Bordelais vermitteln.
Exzellenter Wein. 94+/100 Th.
Alle Weine zeichnen sich zudem durch ein sehr gutes Preis-Genuss Verhältnis aus. Leider bin ich nicht der richtige Ansprechpartner für einen Import der Weine nach Deutschland, denn ich habe beschlossen, mich von der Kategorie „Weine für unterwegs“ langfristig zu verabschieden. Sonst wären der l´ Âme und der Renaissance Doux mit Sicherheit etwas für genau diese Kategorie gewesen. Vielleicht aber interessiert sich ja einer der mitlesenden Händlerkollegen für dieses aufstrebende Weingut mit seinen charaktervollen Weinen.