Es ist ein herrlicher Sonntagmorgen an einem idyllischen und äußerst ruhigen Platz unterhalb von Crozant. Aber als ich fertig bin mit dem Frühstücken, dem Duschen, der Morgentoilette und dem Zeltabbau kommen die ersten französischen Familien bereits zum Sonntagspicknick hierher. Ich unterhalte mich noch eine ganze Weile mit einem älteren Franzosen, dessen Frau in Saint André de Sangonis nahe Aniane aufgewachsen ist.
Dann fahre ich ins nahe gelegene Eguzon, welches sich als ein schönes kleines Städtchen mit Einkaufsmöglichkeiten erweist. Wir sind ja in Frankreich, wo üblicherweise auch Sonntags viele Geschäfte öffnen und so kaufe ich neben Brot auch noch Wasser, eine Möhre und eine Stange Porree – die restlichen Lebensmittel für das Wochenende hatte ich ja am Sonnabend bereits gekauft.
Das Museum hat leider noch zu und bis 14.00 Uhr will ich nicht warten,
denn auf einer Regionalinfokarte auf dem Parkplatz sehe ich, dass es in der Nähe Klettermöglichkeiten gäbe. Dummerweise hat zwar die Touristeninfo zu, also muß ich auf Informationen vor Ort hoffen.
Kurze Zeit später bin ich da, 150 m hinter der Brücke Pont de Pilas an der Straße zur Staumauer der Barrage d´ Eguzon befindet sich der Kletterfelsen.
Direkt vorm Felsen sind zwei überdachte Picknicktische – natürlich sind sie vollbesetzt – klar, es ist Sonntag und es sind um die 25° C – da frönen die Franzosen gern dem Picknick, einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen.
Leider sind weder Kletterer an diesem wunderschönen Sonntag da, noch gibt es Informationen, also kann ich es mir nur angucken. Die Wand erinnert mich ein wenig an die Plattenwand im Steinicht, nur dass es hier auf den knapp 30 m zu klettern deutlich mehr Zwischensicherungen gibt und auch zwei Zwischenrelais zum Aussteigen und Abseilen. Das erste nach ca. 8 m, ein weiteres bei ca. 15 m. Das Endrelais wird bei knapp 28 m erreicht, so dass ein 60er Seil sogar für die komplette Abseile reicht.
Ich starte also durch, habe sogleich einige Kinder, die begeistert zuschauen kommen, aber auch die Picknicker schauen neugierig herüber. Ich gehe mit meiner Selbstsicherung und zwei langen Standschlingen, so dass ich auch solo optimal gesichert bin. An einer Stelle muß ich noch mal zwei Meter zurück abseilen, um das Seil aus einer Zwischensicherung auszuklinken, damit ich wieder weiter höher komme, an einer anderen etwas prekären Stelle muss ich eine Exe bis zum Abseilen hängen lassen, aber ansonsten geht alles ohne Probleme und stets im grünen Bereich. Zwei drei etwas delikate Züge waren schon dabei, durch die häufigen Bohrhaken war aber alles stets auch solo gut sicher. Ich würde schätzen, französische 5a oder 5b, aber auch 5c würde mich nicht wundern.
Nach dem Abseilen mache ich noch einen Weg links daneben, der im selben Endrelais aussteigt. Mit meiner Selbstsicherung kann ich diesen jetzt prima durchsteigen, ohne zusätzliche Standschlingen irgendwo einzuhängen. Der Weg ist an zwei, drei Stellen noch mal etwas pikanter, aber da ich mit der Selbstsicherung quasi fast wie im Nachstieg klettern kann, ist das okay so.
Im Anschluß mache ich noch einige Fotos von dem Felsen und der gestiegenen 2. Route (immer an der Seillage orientieren) und auch einige Detailfotos von den einzelnen Abschnitten.
Hier sieht man schön die zweite gekletterte Route, die erste startet auf der Hälfte zwischen der Kante rechts und der hier zu sehenden Seilführung und nutzt dasselbe Endrelais.
Auf dem kleinen bewachsenen Absatz haben wir bereits ein erstes Zwischenrelais.
Der mittlere Abschnitt sieht einfacher aus, als er in Wirklichkeit ist, gesichert problemlos, aber solo dadurch delikat, da man das Seil nicht durch Bücken aus einer Zwischensicherung wieder herausbekommt. Ich seilte mich vom zweiten Relais daher noch mal ca. 2 m ab, um diese Sicherung zu entfernen und stieg an der Selbstsicherung wieder hoch.
Der obere Teil erinnert mich stark an die Plattenwand im Steinicht mit einer teilweise kleingriffigen Reibungswand. Das ist Kletterspaß pur.
Ein achtjähriges Mädchen, welches mit ihrem deutlich älteren Bruder und dem Vater nebenan auf der Radpiste herumcrosst, ist sehr interessiert am Klettern. Dummerweise habe ich noch einen Kindergurt im Auto, er war bei Yvonnes Klettersachen, weil wir mal mit ihrer Nichte einen Klettertag im Harz vorhatten. Der Vater hat nichts dagegen, dass sie sich mal ausprobiert und so kommt sogar der Kindergurt zum Einsatz.
Die acht Meter bis zum ersten Relais, wo der Weg auch noch am einfachsten ist, klappen recht gut und auch das Ablassen geht super, sie bekommt sofort mit,wie das mit dem Zurücklehnen gemeint ist und zeigt super – kindliches Vertrauen. Der Vater ist stolz, die Tochter total glücklich, der vielleicht 12 oder 13 jährige Bruder dagegen sehr skeptisch. Aber der Vater überredet ihn, es auch zu probieren. Er kommt die acht Meter auch ganz gut hoch, hat aber deutlich mehr Probleme, sich abzulassen. Er stellt sich weit weniger gut an und zeigt auch Angst, aber am Ende ist auch er froh, es probiert zu haben.
Nur der Vater passt bei meiner Einladung an ihn, es auch zu versuchen, ich bekomme ihn genau so wenig überredet, wie die Kinder…
Ich picknicke dann noch und gönne mir das zweite meiner mitgebrachten zwei Flaschen Bier aus Deutschland. Vor der endgültigen Weiterfahrt bleiben mir noch zwei kleine Fotostopps auf der Panoramastraße oben mit ihren Aussichtspunkten.
Vom ersten Aussichtspunkt direkt oberhalb des Kletterfelsens kann man auf diesen schauen, aber auch in das Tal der Creuse bis hin zur Staumauer Barrage d´ Eguzon.
Ein zweiter Aussichtspunkt erlaubt einen Überblick über den mächtigen Stausee der Creuse und hin zur Staumauer.
Und dann heißt es Abschied nehmen von diesem schönen Platz und auf zum nächsten…