An der Gîte angekommen, mache ich noch einen zweiten Anrufversuch, erneut vergeblich. Wenn ich im Dunkeln aus der Schweiz zurückkomme, wäre so eine Unterkunft schon eine gute Alternative zum Zelten…
Aber so fahren wir nun erst einmal los in Richtung Schweiz. Yvonnes Zug in die Heimat geht abends gegen 21.00 Uhr. Die Strecke ist eng und stellenweise abenteuerlich, in unsere Richtung ist kein Verkehr, aber andauernd kommen uns rasende Franzosen entgegen. Sind das alles Pendler nach Feierabend?
Vor der Stadt La Chaux de Fonds müssen wir eine Umleitungsstrecke fahren, aber dann finden wir auch schnell einen kostenlosen Parkplatz im Schatten und erkunden zu Fuß die alles andere als kleine Stadt. Wir finden schnell heraus, dass die Stadt durch die Uhrenherstellung zu Reichtum gekommen ist, entsprechend hat sich ab der Industrialisierung das Zentrum rasant vergrößert, erst mit vielen Häusern aus etwa der Jugendstilzeit, dann nochmals in der Moderne.
Wirklich schön mit Altstadt und so scheint sie nicht zu sein, es ist eine sehr quirlige, moderne Einkaufsstadt. Ein Tourismusbüro gibt es dennoch und wir bekommen Auskünfte und Stadtplan, kaufen dann einen Chip für den Fotoapparat für mich (eigentlich richtig günstig!).
Dann haben wir Hunger und finden einen preislich akzeptablen Imbiss in einem großen Kaufhaus – wir können sogar mit Euroscheinen bezahlen, das Kleingeld gibt es in Franken retour. Aufgrund der fast – Wertlosigkeit des Euro gibt es allerdings kaum noch was zurück…
Aber die Mehrwertsteuersätze machen mich nachdenklich – 2,4% ermäßigt auf Lebensmittel und 7,6% auf den ganzen Rest… – Was machen wir in der EU und in Deutschland nur falsch???
Armut begegnet einem in der Schweiz wesentlich weniger, die Preise sind zwar hoch, aber auch die Verdienste – aber vor allem rollt das Geld von einem zum Nächsten und der Staat zieht den Bürgern keine Unmengen davon als Mehrwertsteuer aus der Tasche. Dennoch funktionieren Gemeinwesen und Infrastruktur. Verständlich und nachvollziehbar, dass so viele ins gelobte Land wollen…
Andererseits ist die Bahnhofstoilette ein Kulturschock – so viel Dreck hätte ich den Schweizern nicht zugetraut!
Plötzlich am Bahnhof ruft jemand auf mein Notrufhandy an, dessen Nummer eigentlich nur Yvonne kennt – es sind die Vermieter der Gîte, die mich zurückrufen, man hätte die Anrufe bemerkt und rufe zurück – eine Übernachtung sei natürlich kein Problem, man werde mich erwarten…
Nach einem emotional bewegten Abschied von Yvonne, die mit Minimalhandgepäck per Bahn zurück fährt und einem fixen Herausfinden aus der trubligen Stadt geht es zurück nach Le Boulois.
Ich werde von einem alten, super netten Pärchen erwartet. Die Nacht kostet 8 €, da checke ich gleich für zwei Nächte ein. Das Geld soll ich in eine Kasse des Vertrauens werfen, ein Versteck für den Schlüssel nach meiner Abreise bekomme ich gezeigt.
Es ist eine einfach eingerichtete Gîte mit einem Schlafsaal, aber einer perfekt eingerichteten Küche zur Nutzung, Speisesaal und Dusche. Da ich mir im Speisesaal allein verloren vorkommen würde, richte ich mich in der Küche häuslich ein.
Der Trangia hat Ruhepause, hier kann ich sogar vierflammig kochen und habe sogar einen Backofen… Heute gibt es einen „Bergeintopf“, der auch im Trangia machbar gewesen wäre, es hätte nur etwas länger gedauert. Karotten, Staudensellerie, Porree, Rübchen und Kartoffeln gab es als Pot – au – Feu Gemüse portioniert, ich gebe noch Flageoletten hinzu und eine gekochte Montbeliard Wurst.
Dazu gibt es einen Wein aus der Auvergne – den 2005er Vieilles Vignes von der Domaine Rougeyron (die Medaille d´Or Paris 2006 Version). Wie immer bei den Rougeyron – Weinen ein phantastisches PGV und ein toller Wein für das Essen und auch für diesen Abend. Sehr gute 92+/100 Th.