In der Nacht fing es erneut an zu regnen – so stark, dass sich das Wasser auf der Unterlegplane sammelte und irgendwann dort durchdrückte, wo ich lag. Aber ich schlief so fest und so gut, dass ich das Malheur eines außen an zwei Stellen feuchten Schafsackes erst beim Aufwachen mitbekam. Ich hörte dann dem Regen zu, traute mich nicht aus dem Zelt und döste immer wieder bis gegen 09.00 Uhr vor mich hin. Da kam dann nur noch das von den Bäumen, was der Wind runter schüttelte…
Also verpacken der nassen Campingsachen und Frühstück als Stehimbiss am Auto.
Und dann auf ins Mekka des Vin Jaune – ins nur wenige Kilometer entfernte Château – Chalon
. Als erstes steuere ich einen Tipp eines Talk-about-wine Freundes an. Bodo aus Würzburg war zu Ostern Gast bei meiner Juraweinprobe und er ist einer der wenigen, die neben mir regelmäßig über Juraweine schreiben. Er empfahl nach seinem diesjährigen Urlaub den Besuch der Domaine Salvadori, dessen 2005er Savagnin auch im 2010er Guide Hachette besonders empfohlen worden war. Und tatsächlich, es gibt ihn hier noch immer zu kosten und zu kaufen.
Es ist das erste Mal, dass ich diesen weitgehend unbekannten Kleinwinzer besuche, aber es wird wohl mit Sicherheit nicht das letzte Mal gewesen sein.
Ich verkoste drei Weine:
Tradition; Côtes du Jura; 2008 weiß – typischer Jura-Weißwein, allerdings jahrgangsbedingt recht leicht wirkend. Sehr gute 88-90 Th.
Cuvée Marnes Bleues – Savagnin; Côtes du Jura; 2005 weiß – frisch und sehr fein mit unglaublichem Extrakt, sehr komplexe Aromenpalette, die einem Vin Jaune wirklich schon sehr nahe kommt. Groß! 95+/100 Th. Super PGV.
Château Chalon; 2003 gelb – dieser Grand Cru der gelben Weine ist sehr typisch, und zeigt die Finesse und Eleganz der Château Chalons gegenüber Vin Jaunes anderer Gebiete des Jura, es fehlt ihm (jahrgangsbedingt?) allerdings etwas Säure, so dass er eher jung zu trinken sein sollte – jahrzehntelanges Warten muss hier nicht sein. Exzellent bis groß. 94-95/100 Th.
Natürlich muss da gleich mal etwas von dem Savagnin verhaftet werden. Und so eile ich mit der Kiste unterm Arm erstmal fix zum Auto zurück, es gibt grad eine kleine Regenpause.
Da die Mittagszeit naht, muss ich wohl meinen nächsten Besuch bei Berthet – Bondet noch etwas hinauszögern, aber bei der Domaine Geneletti ist noch offen und ich werde quasi gleich hereingewunken. Dieser eigentlich in L´ Etoile ansässige Winzer hat seit einigen Jahren einen Shop direkt an der Durchfahrtsstrasse im Dorf und ich kenne den Juniorchef bereits aus früheren Zeiten. Diesmal bedienen mich eine junge Frau und der Vater, allerdings ist man hier Verkostungsmäßig eher auf Normaltouristen eingestellt – die urigen altmodischen Gläser lassen eine wirkliche sensorische Bewertung der Weine kaum zu. Dennoch muss ich mich einmal durch die ganze Palette trinken, da der Vater mitbekommt, dass ich etwas mehr im Stoff stehe… Leider sind meine Notizen hier im Nachhinein abhanden gekommen, aber aus der Erinnerung kann ich sagen, dass nach wie vor der Vin de Paille erneut groß war, der l´ Etoile Blanc, die Vin Jaunes aus Château Chalon und L´Etoile sowie der Macvin du Jura wenigstens exzellent und alles andere gut bzw. sehr gut. Insgesamt eine sichere Bank, wenngleich der Winzer eher in der zweiten Reihe steht. Aber grad mit den genannten Weinen und dem Cremant macht man nichts falsch.
Der überaus freundliche Erzeuger ist auch hier und da auf den Salons vertreten.
Während der Verkostung hatte es erneut geregnet, aber als ich das Geschäft verlasse, hat es grad mal wieder aufgehört – dennoch sind die Wolken über dem Dorf fast apokalyptisch drohend und ich habe wenig Lust auf ein Mittagspicknick.
Ein neues kleines Restaurant am oberen Ortseingang macht mich neugierig. Das „Les Remparts“ hat in diesem Sommer neu eröffnet, ein junges sehr sympathisches Pärchen kümmert sich bestens um die Gäste des kleinen Lokals, welches Freitag bis Montag auch zur Mittagszeit geöffnet hat, die Preise sind nicht nur fair, sondern im Hinblick auf die gebotene Qualität der regionaltypischen Küche exzellent. Ich genehmige mir ein Rindsragout im weißen Jura-Wein mit Rösti nach Jura-Art. Und dazu darf es dann gern auch noch ein Glas des genialen Savagnin 2005 der Domaine Salvadori sein. Der Koch selber empfiehlt einen sehr guten Savagnin dazu zu trinken, er hätte da was für Kenner und als er mir dann am Tisch die Flasche entkorkt und serviert,muss ich lachen und erzähle ihm natürlich, dass ich grad erst dort war und mich damit schon eingedeckt habe…
Danach ist es dann auch Zeit, die Domaine Berthet-Bondet zu besuchen…