Es ist noch nicht lange hell, da höre ich schon wieder den Regen auf das Dach prasseln. Also ausschlafen, frühstücken und dann noch mal bei den Damhirschen vorbeischauen. Sechs Tiere zeigen sich heute morgen, erneut verscheucht der Alte sämtliche anderen neugierigen Tiere und reklamiert frisches saftiges Gras zum aus der Hand fressen und auch Streicheleinheiten einzig für sich.
Dann schaue ich mir die Kletterfelsen Dents de Chien und die Montal-Felsen an, die aber beide deutlich zu naß und rutschig zum Klettern sind. Ich gehe aber bei beiden einmal rings herum, was beim Dents de Chien schon die etwa 100 Höhenmeter bedeutet.
Der zweigeteilte Felsen ragt majestätisch aus dem Nebel nach dem Regen und auch die Kletterwege reizen durchaus, aber bei diesen Bedingungen nicht ohne Sicherungspartner.
Am einfachsten würde man wohl in der Mitte durch die Verschneidung, die in einen Kamin mündet oder auch links davon beginnen.
Dann steigt man immer weiter den Grat hinauf bis auf den ersten Teilgipfel.
Dann klettert man vom ersten Gipfel einige Meter ab und nimmt dann fortführend den Grat auf den oberen Gipfel. Das Ganze ist schon eine sehr beeindruckende und reizvolle Mehrseillängentour – ich hoffe, daa ich irgendwann anders die Chance habe, hier mal einen trockenen Tag zu erwischen.
Auch Blinde können hier hinauf klettern, bzw. Sehende können mit verbundenen Augen eine völlig neue Erfahrung machen. Die Touristeninfo, die ich am Vortag besucht hatte, bietet spezielle Pieper an, die auf Griffe und Tritte an zwei vorbereiteten Routen reagieren und die dem Blinden eine Hilfestellung geben…
Sicher ein ultimatives Erlebnis für jeden von uns – aber ich würde das Klettern hier auch gern sehend genießen wollen.
Heute aber bleiben mir selbst die niedrigeren Montal-Felsen verwehrt, an denen ich 2006 bereits einmal war. Ich lass mal die Säcke da…
Als es gegen Mittag in Dun les Places noch immer düster und grau ist, verläßt mich jegliche Moral – in der einzigen offenen Gaststätte des Dorfes erfahre ich, dass der heutige Tag laut dem Wetterbericht der Beste der ganzen Woche sein soll. Eine Woche hier dem Regen und dem unangenehm kühlen Wind hinterherschauen, das will ich nicht. Auf meine Frage, wo in Frankreich das Wetter besser ist, erfahre ich die Optionen: Heute und morgen noch im Elsass, generell unterhalb von Lyon im Rhônetal oder am Rande des Zentralmassivs in Richtung Bordeaux. Ich werde den Aufenthalt im Morvan abbrechen – ich bin begierig nach Sonnenstrahlen…
Doch zunächst fahre ich noch zum Rocher de la Pérouse und genieße den Blick vom Aussichtspunkt über die einsamen Wälder der Morvan, zu dumm, dass ich den Fotoapparat nicht mitnahm, ich hätte hier vielleicht wunderbare nasse Spinnennetze fotografieren können. Den Abstieg zum Kletterfelsen spare ich mir, ich will mich nicht länger foltern.
Dafür nehme ich mein Mittagspicknick noch an einem schönen Platz mitten im Wald ein. Wenig später besichtige ich noch die Kirche von Quarre les Tombes. Ab jetzt ist wohl erstmal wieder eher Kultur angesagt, um die Tage sinnvoll zu verbringen.
In Corbigny am Rande des Morvan – Naturparkes auf der anderen Seite tanke ich einen Schluck und kaufe Brot und Wein zum Verkochen. Außer ATAC scheint es in dieser Gegend nichts zu geben, aber dieser hier ist etwas besser sortiert als die vorigen – allerdings ist der Liter Super bei 1, 369 Euro pro Liter nicht sonderlich günstig. Nur jetzt, wo klar ist, dass ich mehr Kilometer zurücklegen muss, als ursprünglich gedacht, da kann ich mich auch nicht gegen die Spritpreise wehren… Nur nicht voll tanken, sondern auf ein günstigeres Angebot bei größeren Städten hoffen.
Dann verlasse ich meine ursprünglich geplante Route – auf zu völlig anderen Ufern.