Wir fahren über El Lloar nach Gratallops und schauen dort zunächst beim August vom Celler Cecilio vorbei. Er hat wieder einmal den Keller voller Touristen, darunter auch drei ältere deutsche Stammgäste, mit denen wir uns auch ein wenig unterhalten. Er umarmt uns sogleich voller Freude, als er uns sieht.
Ich koste den Celler Cecilio; Blanc; 2008 weiß – ein solider Weißwein in Folge mit einer schönen Frische und weißfleischigem Pfirsich als dominierende Note. Sehr gute 90+/100 Th.
Der Celler Cecilio; L´ Espill; 2002 rot lässt sich bereits erstaunlich gut trinken, bricht aber zu rasch weg und hat auch nicht die Rasse und Tiefe des 2001ers oder 2004ers. Sehr gute 91/00 Th. Vom Preis-Genuss-Verhältnis ist es aber von August auch wieder zurechtgerückt, der 2002er kostet deutlich weniger als die exzellenten Jahrgänge. Er ist aber sogar noch 4 € teurer als der 2003er, der jetzt regelrecht „verschleudert“ wird und dessen Preis näher am Negre als an Espills guter Jahrgänge liegt.
Den richtig guten 2007er Negre – der beste bislang, den ich kenne – muss ich nicht noch mal kosten, er liegt bereits bei mir zum Verkauf im Keller. Der 2006er, von dem ich noch Restflaschen habe, ist bei August natürlich verkauft, der 2004er L´Espill steht dafür bei August noch nicht auf der Karte – es sind noch zu viele 2002er und 2003er im Verkauf.
Zur intensiveren Nachverkostung nehme ich den 2008er Weißen mit und der Schwiegersohn von August gibt mir auch gleich den 2008er Billó zum Testen mit, auch hier ist der 2007er ausverkauft und auch bei mir liegen davon nur noch zwei Flaschen in den Restbeständen.
Anschließend schauen wir im BonViUre vorbei und erfahren einige Neuigkeiten. Mit schelmischem Grinsen schenkt uns Jaume erneut den ersten Rotwein vom Gut seines Vaters Arrels del Priorat ein, die bislang nur Rancios produziert hatten.
Arrels del Priorat; La Guinardera; 2005 rot – welch eine Entwicklung! Der Wein macht jetzt richtig Spaß und ist inzwischen exzellente 93/100 Th. wert. Er ist deutlich expressiver und fruchtiger als die früher verkosteten Flaschen, bei denen man das Gefühl hatte, den blanken Schiefer zu kauen.
Anfangs hatte man im BonViUre auch Schwierigkeiten, den Wein zu verkaufen, inzwischen aber verkaufe Jaume wöchentlich etwa 60 Flaschen. Der Preis im Laden ist sehr interessant, auch wenn er aufgrund der geringen Stückzahl kaum günstiger an Wiederverkäufer abgegeben werden kann. Somit müßte ich in Deutschland zu viel dafür verlangen. Wer aber in Gratallops ein paar Flaschen ergattern kann, macht nichts verkehrt.
Jaume schließt den Laden für ein paar Minuten, um uns den neu eingerichteten Keller zu zeigen, der im Dorf hinter der Kirche in einem alten Gebäude versteckt ist. Auch dieser Keller hat wunderschöne alte Gewölbe und ist mit Liebe zum Detail wieder restauriert worden. Er wird grade eingerichtet. Den 2006er La Guinardera bekommen wir zum Testen mit. Zusätzlich kaufe ich noch einen 2007er Pinot Noir Weißwein des BonViUre als Kuriosum für die bevorstehende Weißweinprobe.
Dann fahren wir auf der Suche nach einem Mittagbrot nach Falset, werden aber irgendwie diesmal nicht so richtig fündig und landen kurz darauf wieder bei einer „sicheren Bank“, dem La Cassola kurz vor Gratallops.
Die Portionen sind auch am Samstag wieder bauarbeitermäßig riesig und selbst bei 18 € pro Person – anstelle von 12,50 € am Wochentagen ist das sehr anständig und fair. Die katalanische Ausgabe von „Futtern wie bei Muttern“ – wir bekommen je 6 Muscheln und Crevetten pro Nase zum Appetitholen (nicht im Menü mit aufgeführt), eine Riesenschüssel Escudella (die allein bereits satt machen würde, unmöglich aufzuessen…) bzw. eine Lasagne mit Fischfüllung – als erster Gang. Ein halbes Kaninchen mit Zwiebeln, roter Paprika und Kartoffeln im Ofen gegart bzw. ein halbes Hähnchen mit Gemüse gebraten als zweiter Gang folgt. Als Dessert Erdbeeren mit Schlagsahne bzw. Profiterolles mit Schokoladensauce. Dazu für uns beide je eine Flasche Wasser mit Kohlensäure (1 l) und den Rotwein des Hauses und hinterher einen Kaffee bzw. Cappuchino.
Der Wein ist simpel, aber zum Essen trinkbar. Ich gebe ihm 80/100 Th. Auf Nachfage wird mir erklärt, dass sie ihn selber fabrizieren, vom eigenen Weinberg und in kleiner Garagenproduktion. Es ist wie beim BonViUre Weißwein ein Tafelwein aus Trauben der DOQ Priorat, verkauft en vrac im 5 l Kanister für 6 € pro Liter bzw. als Flasche ohne Namen und Etikett. Beides kann man im Restaurant kaufen – der Hauptumsatz wird aber gemacht, indem er als Tischwein an die Essensgäste kommt.
Wir sind mehr als nur satt, können vor Völlegefühl kaum laufen und daher gibt es erstmal eine kurze Unterbrechung…