Der Col du Chat gehört bereits ins Zieldepartement 73 = Savoie. Auch wenn er eigentlich noch ein ganzes Stück von den Alpen weg ist, aber das Departement beinhaltet neben diesen auch Teile des Chartreuse – und des Bauges Massivs und die Monts du Chat, einen Kalksteinfelsriegel, der bis über 1400 m hoch aufragt.
Direkt am Col befindet sich der Parkplatz, der den Ausgangspunkt für die Klettersteigtour bildet. Zunächst gilt es ca. 30 Minuten recht steil auf einem Wanderweg nach oben zu steigen – der Weg ist gut ausgeschildert, unten am Parkplatz gibt es auch eine Hinweistafel mit dem Topo zu den zwei Steigen (Via Ferrata). Dieses kann man sich aber auch aus dem Internet hochladen und ausdrucken (- was ich aufgrund des PC-Problems vor meiner Abreise nicht mehr hinbekam…).
Unterwegs könnte man auch zu einer Kletterwand abbiegen, allerdings habe ich keine Info zu den Schwierigkeiten der Kletterwege, wir schauen es uns auch nicht an, denn es ist mal wieder schon recht spät und wir haben das Ziel „Klettersteige“ vor Augen.
Die Steige:
Der Start ist ein Holzbalkon mit Pforte, dann geht es schnurstracks in die Wand.
Der erste Klettersteig Primevère à Oreille d´ Ours, benannt nach einer dort wachsenden seltenen Pflanze gleichen Namens ist zugleich der als schwerer eingestufte, offiziell hat er die Einschätzung AD+ (assez difficile + = mäßig schwierig +), wir starten auf 820 m Höhe und gewinnen keine hinzu, sondern queren auf insgesamt 250 m Länge immer an der Felswand lang, zumeist etwas an Höhe verlierend, aber mit welch phantastischen Blicken auf den Lac de Bourget! Der Hintern hängt dabei zumeist ganz schön in der Luft, das Auge ist hier der allgegenwärtige Adrenalinkickauslöser. Es gibt dabei keinerlei physischen Schwierigkeiten, aber wer es mit der Psyche oder der Moral hat, der bekommt ordentlich Muffensausen. Wie der Franzose zu sagen pflegt: „Plein du gaz“ – davon zeugen auch die gemachten Fotos.
Am Ende gibt es eine recht witzige Inversleiter – Hier steigt man mit dem Rücken zum Felsen hinab, ins Freie blickend. Nach einer kleinen Felsgrotte, die ebenfalls durchquert wird, kommt der eigentlich nahtlose Übergang in den zweiten Steig Rocher du Cornillon, als PD+ (peu difficile + = wenig schwierig +) offiziell eingestuft. Er ist tatsächlich leichter, aber ebenso luftig und mit grandiosen Blicken auf den See, insgesamt mit 120 m deutlich kürzer, aber wir gewinnen wenigstens insgesamt 45 m Höhe. Auch hier gibt es keinerlei technische Schwiergkeiten zu meistern, es ist ebenfalls das Auge, welches den Kick übermittelt – selbst die kurze Affenbrücke vermag in keiner Weise zu schocken.
Es ist für einen gewöhnlichen Spätnachmittag in den Ferien allerhand los, aber man kommt sich nicht ins Gehege, zumal es wirklich viel zu sehen gibt und man dann auch gern wartet.
Uns folgt ein Opa mit seinen beiden Enkeln, 9 und 10 Jahre alt – für alle drei ist es ein großer Spaß wie auch für Steffen und mich. Die Mutti mit akuter Höhenangst braucht hier aber niemand vor sich…
Der etwa 20 bis 30 Minuten dauernde zum Teil steile Abstieg nervt dann sogar ein wenig.
Insgesamt finde ich den Steig in seinen Schwiergkeitsgraden deutlich überbewertet, PD bis PD+ ginge auch insgesamt völlig in Ordnung, technich sogar F+ (facile + = einfach +). Durch seine immense Schönheit werte ich ihn aber in seiner Gesamtästhetik mit 18/20 = überaus schöner und lohnender Klettersteig. Das Auge isst eben mit!
Die Fotoserie:
Gleich nach dem Start zeigt sich, was uns erwartet – der beständige Blick auf den Lac de Bourget.
Steffen hängt gut in der Luft und die Verfolger nahen…
Auch die Leute vor mir stehen immer wieder gut in der Wand…
Steffen quert… – avec du gaz!
Und die Verfolger lassen nicht auf sich warten.
Nach vorn sieht es indessen aus, als führe das zu überquerende Brett ins Nichts…
An Augenweide wird nicht gespart, auch nicht an der Arbeit mit der Psyche. Die Leute vor mir gönnen sich sitzend eine Pause auf einem der Bretter, die die Welt bedeuten – hier zumindest…
Zu guter Letzt noch mal Steffen mit genug Luft unterm Ar…
Hier bereits im zweiten, leichteren Steig.
Auf jeden Fall zur Nachahmung empfohlen, wenn man mal in der Gegend ist…