Nach einem guten Frühstück fahren wir sogleich zu einem der renommiertesten Weinerzeuger im Jura, zu Château d´ Arlay.
Ich brauche eigentlich unbedingt neuen Vin de Cuisine und den bekomme ich wohl eigentlich nur hier. Dabei handelt es sich um einen fehlerbehafteten Vin Jaune, bei dem im Verlauf des sechs ein viertel Jahre langen Reifeprozesses irgendwann mal die Florhefeschicht zerstört wurde. Dieser Wein wird dann auf Arlay als Kochwein verkauft und er ersetzt das Kochen mit Vin Jaune durch eine preisgünstigere Variante. Die typischen Vin Jaune Aromen bringe ich so in das Gericht, aber dem Vin Jaune selbst kann ich meine volle Aufmerksamkeit beim Trinken zuwenden, wo doch ohnehin schon so wenig in den Flaschen mit dem kultigen großen Wein ist…
Bei Château d´ Arlay hat man jetzt eine neue Probierstube in einem Pavillon am Tor zum Park eingerichtet, man muss nicht mehr bis zum Schloß hoch, was ein Vorteil, aber auch ein Nachteil ist, denn man sieht das schöne Schlossensemble beim Weinkauf nur noch von weitem. Dem Torpavillon kommt es aber entgegen, liebevoll aufgepäppelt hat das schöne alte Gebäude nun eine Bestimmung.
Das Eigentümerehepaar treffe ich leider nicht an, wir werden von einer freundlichen Angestellten empfangen. Man gibt sich zunächst aristokratisch reserviert, aber als sie in der Unterhaltung mitbekommt, wie lange ich schon hier immer mal wieder zu Gast bin bzw. dass ich auch auf den Salons einkaufe, öffnet sie eine Flasche nach der anderen und macht auch vor den Spezialitäten nicht halt.
Wir probieren zunächst den Le Vin Corail aus dem Jahr 2006. Dieser Wein vereint alle fünf Rebsorten des Jura, d.h. 2 weiße und drei rote Traubensorten. Die lokale Spezialität zeigt sich in hellem Rot, wird auch wie ein Rotwein serviert, kann aber bei einem Mahl sowohl den Weiß- als auch den Rotwein ersetzen. Ein sehr praktikabler, aber auch sehr guter Wein, desen 2006er einen schönen langen und sanften Nachhall besitzt. 89/100 Th.
Der Chardonnay a la Reine aus 2005 offenbart sich direkt als klassischer Jurawein. Der typische gôut de Jura überdeckt die Frucht des Chardonnay – ein Wein für die Liebhaber klassischer Juraweine. 91+/100 Th. Sehr gut.
Beim Vin Blanc Tradition wird der 2002er vorgestellt. Dieser nicht mehr ganz junge Wein hat dennoch viele Reserven und ein langes Leben vor sich. (der älteste auf Verlangen noch verkaufbare Jahrgang ist hier der 1996er)
Die Cuvée aus Savagnin und Chardonnay ist noch ein wenig intensiver in allem. 92+/100 Th. Sehr gut mit Tendenz zum exzellenten Wein.
der pure Savagin steht nicht auf der Karte, aber aufgrund meiner Neugier wird ir der 2004er mit dem Bedauern eingeschenkt, dass purer Savagnin nicht die Referenz der Domaine ist – und wirklich, der leichtfüßige Wein enttäuscht mit nur 88/10 Th. ein wenig. Das ist immer noch ein sehr guter Wein, aber grade so und woanders kann das schon ein exzellenter Wein sein, mitunter schon ein Großer.
Der Savagnin ist eben auf Arlay für den Vin Jaune bestimmt und es folgt mit dem Vin Jaune 2004 ein wahrer Quantensprung. Das jüngste Baby beim gelben Wein ist der 2004er, gegen den sich nichts Schlechtes sagen lässt, ein großer Vin Jaune in Tradition und Folge. Ich verneige mich und zücke 96+/100 Th. Großer Wein.
Den von mir zuletzt getrunkenen 1989er Vin Jaune gibt es natürlich nicht mehr zu kaufen, die verfügbaren Jahrgäng gehen hinunter bis 1998.
Von der edelsüßen Spezialität, dem Vin de Paille bekommen wir ebenso den jüngsten verkäuflichen Jahrgang zum Kosten. Der 2006er zeigt einen typischen gôut de Terroir, aber auch ein prima Süße Säure Spiel. Anfangs nur 94+/100 baut er dann mit Luft im Glas aus und bietet das Erlebnis eines großen Süßweins – 96+/100 Th.
Immer wieder ein Genusstipp ist auch der Macvin Blanc du Jura, mit dem wir die vormittägliche Verkostung beenden. Die derzeitige Abfüllung ist geschmacklich sehr intensiv, dabei aber weder zu süß, noch zu alkoholisch brandig. Ein prima Macvin, der sich ebenfalls immer wieder empfiehlt. 95+/100 Th. Groß.
Leider findet sich im Pavillon kein Vin de Cuisine für mich und oben im Schloß ist am Samstag vormittag niemand. So muss ich dann einen der Strasbourgfahrer 2012 bitten, mir meine Bestellung mit zu bringen, die dann nicht nur Kochwein umfassen wird. Dazu haben mich einige Weine mal wieder zu sehr berührt. Sicher werde ich den Kellervorrat nicht expansiv ausbauen, aber getrunkene Arlay-Flaschen sollten mal wieder durch neuere Jahrgänge ersetzt werden…
Als wir zum Auto gehen, sehen wir, das es schon ein wenig geregnet hat. Der Himmel gefällt mir heute gar nicht, auch wenn wir eh auf dem Rückweg sind… Doch erstmal geht es noch mal richtig hinein ins Jura…
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