Es gibt im Priorat Weine, die man wohl in keinem Laden zu kaufen bekommt – und doch kann man sie erwerben, direkt über Mas Martinet Assessoraments.
Dies ist das Projekt von José Luis Pérez, welches er gründete, als er den Staffelstab auf Mas Martinet an seine Tochter Sara übergeben hatte. Irgendwas Sinnvolles muß er doch machen, anstelle des nur seinen Lebensabend Genießens, so sagte er sich und gründete die genannte Beraterfirma, die hauptsächlich Winzer in Extremstlagen ermutigen und beraten soll.
Neben den im Priorat ansässigen Projekten Terres de Vidalba (in Poboleda – Tocs!) und Elvi Wines (in Porrera – mit einer Palette koscherer Weine) hat man weitere interessante Kunden im In- wie im Ausland.
Damit alles nicht nur trockene Theorie ist, stellt man im Rahmen der Beraterfirma ebenjene Weine her, die man nur vor Ort oder per Internet bei Mas Martinet Assessoraments limitiert erwerben kann, um dann mit den Machern der Weine in eine „Verkostungsinteraktion“ zu gehen.
Die im Priorat hergestellten ersten beiden dieser Weine tragen den schlichten Titel Degustacio N° 1 und Degustacio N° 2.
Beide bekommen wir bei unserem Besuch im Februar 2009 in die Gläser.
Der Degustacio N° 1 stammt aus 2004 – hier studiert man die beim koscheren Weinbau verwendete Methode „Control Vigour“, wo besonders gesunde, einzeln stehende Beeren verwendet werden, durch die quasi der Wind pfeifen kann… Diese Trauben mit einzelnen Beeren, die sich nicht oder kaum berühren, sind natürlich kaum noch anfällig für Schimmel oder Fäulnis, da sie tatsächlich schnell trocknen.
Der Wein hat einen sehr offenen Duft, wirkt animierend und frisch und zeigt eine exotische Frucht, die man sonst so nicht findet. Mich hat es in der exotischen Würze etwas an die Trauben des Blauen Bernburgers erinnert. Am Gaumen bleibt ein sehr süßer, aber auch sehr eleganter Eindruck haften. Die Mineralität verweist schon auf den Llicorella – Schiefer. Der Nachhall ist sanft. Insgesamt ein großer Wein, der mir 95+/100 Th. wert ist.
Der Degustacio N° 2 aus 2005 verweist zunächst auf Trauben, die eher auf Bordeaux schließen lassen, in der Nase tippe ich bei dem dezenten Stall- und Lederduft auf einen Cabernet / Merlot und fühle mich durchaus an einen Gruaud Larose erinnert, auch wenn dann der Schiefer etwas durchschlägt. Die dunkle Frucht dazu macht aus dem Wein etwas sehr Nobles, er wirkt ebenfalls sanft, sehr harmonisch und fast leicht für den Jahrgang. Interessant ist, wie er immer weiter im Glas aufmacht und komplexer wird. Auch diesen Wein sehe ich als groß bei 95+/100 Th. – auch wenn beide durchaus sehr unterschiedlich sind.
Interessant wird auch das Studienlot von drei Einzellagen Syrah aus 2007, dem ich hoffe, nochmals ausführlich begegnen zu können.
Begegnet sind wir aber dann einem weiteren Projekt – und sogar gleich mit Weinen aus 2 Jahrgängen.
Caspar heißt der Wein, der in Ägypten hergestellt wird und den wir aus 2007 und 2008 zu kosten bekommen.
Es handelt sich um ein Projekt, bei dem die Heinecken – Brauerei als Geldgeber fungiert. Karim Hwaidak, Sohn eines Ägypters und einer Deutschen, erfüllt sich mit diesem Projekt einen Traum, ägyptischen Wein zu einem internationalen Renommée zu verhelfen. José Luis Pérez arbeitet hier als beratender Önologe – gemeinsam sorgen sie dafür, dass der Qualitätsweinbau zurückkehrt in eines seiner Ursprungsländer.
Brunnen in der Wüste zapfen eine etwa 200 m tief gelegene Ader mit salzigem Wasser an, die dann per Tröpfchenbewässerung die Rebstöcke mit dem nötigen Wasser versorgen. Damit das Wasser optimal ausgenutzt werden kann, werden die Rebstöcke zunächst in Plastiksäcken eingepflanzt.
Die Viognier – Rebe gehört zu den Reben, die auch sehr gut mit leicht salzhaltigem Wasser umgehen kann. Aus nur 2 Jahre alten Rebstöcken wurde der erste Jahrgang Caspar gekeltert.
Der 2007er Caspar hat einen üppigen und sehr viogniertypischen Duft, ist aromatisch und sehr blumig und hat bei 12,5° Alkohol eine recht geringe Säure, läßt sich aber sehr gut trinken. Er zeichnet sich durch eine enorme Länge aus. Ein faszinierender Wein für Liebhaber mediterraner Weißweine und mir exzellente 94/100 Th.wert.
Noch einen Punkt besser sehe ich den zweiten Jahrgang 2008. Er ist ebenfalls sehr aromatisch, voll und lang, hat ebenso wie der 2007er die typischen Viognier – Duftnoten in all seiner Expressivität, dazu aber eine höhere Säure, die im die nötige Frische verleiht und ihn deutlich nördlicher wirken läßt. Ein großer Weißwein, der rundherum beeindruckt.
Große 95/100 Th.
Dieser Ausflug nach Ägypten war ein sehr beeindruckender Moment unserer Prioratreise im Februar 2009.
Ein Projekt, welches leider auch von einigen Weinfreunden sehr konträr diskutiert wurde – sicher ohne Kenntnis der Hintergründe und Details.
Als ich José Luis Pérez erzähle, dass es Stimmen gab, die beinahe empört meinten: „Nächstens will man noch am Nordpol Wein machen“,
lachte dieser nur über diese Leute, die mit Unverständnis auf den Weinbau in der Wüste reagierten. Das Lachen hat Frank Korte, der auch die anderen Fotos hier für den Prioratführer zur Verfügung stellte, bestens aufgefangen:
„Ob die Leute es glauben oder nicht, mein nächster Kunde für Mas Martinet Assessoraments kommt aus Schweden…“