Wein und Sport ist wieder in – da gibt es nach wie vor die Tour de France, zu der man oft schöne Weine aus den Gebieten entlang der Strecke trinken kann – Anregungen gibt es nach wie vor beim Weinradler-Blog: Tour de Vins 2010, wo auch ich zu jedem Tag meinen Genusskommentar beisteuere.
In den Alpen sind die Weine rar – und ich hab nichts mehr davon im Keller… – aber da gab es ja noch die Fußball WM.
Fußball ist eigentlich so gar nicht mein Sport – das entschied sich schon frühzeitig im Schulsportunterricht – als ich mal einen Ball direkt auf die Brille geschossen bekam und der Sportlehrer die Scherben aus dem Umfeld meines Auges sammelte. Seither hab ich eher panische Angst vor scharf geschossenen Bällen…
So verfolge ich höchstselten Fußball, aber dann kam die entscheidende Frage: Für wen bist du im Halbfinale: für Deutschland oder Spanien…?
Nun wie kann ein nicht fussballinteressierter Liebhaber katalanischer Weine, der auch noch damit handelt, aber mit deutscher Nationalität sich da entscheiden, ohne zwischen die Mühlen zu geraten? Richtig – als Unparteiischer…
Ich genoß an dem Tage einen Franzosen und wünschte mir ein Unentschieden, bis ich aufgeklärt wurde, dass es ein Unentschieden nicht geben kann…
Bei den folgenden Spielen konnte ich mich schon eher entscheiden – beim Spiel um Platz 3 durfte ich Nationalstolz zeigen und ohne Problem und Zwickmühlen mit Deutschland fiebern und jubeln.
Dafür gab es dann auch einen richtig guten heimatlichen Wein:
Weingut Hanke; Jessener Gorrenberg; Traminer Spätlese; Sachsen (Gebiet Jessen nahe Lutherstadt Wittenberg); 2006 weiß;
In der Nase verhaltener Traminerduft. Am Gaumen üppiger und fast perfekter Traminer mit Süße, Kraft, barocker Opulenz, aber auch von klassizistischer Frische und damit von äußerster Harmonie. Die 14° Alkohol bestens integriert, nichts Brandiges oder Liköriges. Zur einstigen Traminerprobe in Naumburg hat er sich überraschend positiv weiterentwickelt. Jetzt auf dem Höhepunkt würde er auch etliche hochwertige Elsässer an die Wand spielen. Exzellenter Wein. 94/100 Th.
Beim Finale wollte ich eigentlich ebenfalls nur die Tore gucken, aber anfangs des Spiels saßen wir zu Tisch und ließen uns den Traminer schmecken und das Spiel lief…
Und dass da die Holländer nur am Foulen waren, das sah selbst ich mit meinen Fußballblinden Augen.
Und mit jeder Foulattacke war ich mehr angestachelt, zu bleiben und den Spaniern bei ihren verdienten Toren zuzujubeln – plötzlich war ich im Fanfieber!!!
Sicher hat sich auch der eine oder andere Spanier aus der Reserve locken lassen und die Karten dafür waren soweit korrekt.
Aber als es dann für die versuchte Körperverletzung gegen einen der Spieler kein Rot, sondern auch nur Gelb gab und die holländischen Fans das noch guthießen, da zweifelte ich auch schon am System der ach so unparteiischen Schiedsrichter…
Meinetwegen hätte man nach 90 Minuten mit 0:0 abbrechen können und Spanien aufgrund der geringeren Fouls bis dahin zum Sieger nach Punkten (gelben Karten) erklären können.
In der Nachspielzeit war für mich klar, selbst, wenn Holland jetzt ein Tor schießt, dann wäre es alles andere als ein verdienter Sieg und ich würde dennoch auf Spanien trinken – als verdienter Sieger des Herzens.
Aber alles wird gut und der Bessere wird siegen. Oder der Anständigere. Oder der Fairere… egal Holland hatte jegliche Sympathiepunkte verspielt und wohl zum ersten Mal jubelte auch ich bei einem Tor! Und freute mich mit den verdienten Siegern – jetzt in Porrera sein oder sonstwo im Priorat oder irgendwo anders in Spanien. Mitfeiern!!!
Welchen Wein dem neuen Weltmeister widmen bei Temperaturen, die denen Spaniens derzeit angeglichen sind? Es gäbe so viele gute Weine, die eines WM-Wein´s würdig gewesen wären.
Ich entscheide mich für einen äußerst raren Vogel:
Vinedos de Ithaca; Odysseus Rosat; Priorat – Gratallops; 2007 rosé;
nur wenige hundert Flaschen (0,5 l) gab es davon, einige habe ich für die Freunde der Prioratführerselektion an Land gezogen, einige mir in meinen eigenen Keller gelegt, war er schließlich einer der besten Rosés, die ich bisher in meinem Leben getrunken habe. Auch wenn er inzwischen etwas braver und abgerundeter geworden ist, er ist noch immer ein wunderbarer Rosé, dem man weder seine 15,5° Alkohol anmerkt, noch den man verschmäht, weil man prinzipiell Rosés ablehnt – sehr dunkle Farbe, an dem sich mancher deutsche oder nordfranzösische Rotwein farblich messen lässt, ein kompletter Fruchtspaß mit Tiefgang und ein wunderbarer Begleiter für die mediterrane Sommerküche. Exzellente 93/100 Th.
Ein paar Flaschen davon hab ich noch in meiner Selektion (zu 12 € pro 0,5 l), die könnt ich selber so wegschlabbern – aber ich gebe sie natürlich auch gern weiter, weil ich mit meinen Kunden teilen mag und weil es einfach auch fair ist, auch noch anderen dieses spezielle Erlebnis zu gönnen. Seien sie nun fußballbegeistert oder nicht.
Und meine Gratulation gilt der spanischen Mannschaft und den Fans, die hinter ihnen stehen.