Die Aldi Nord Werbung dieser Woche kündigte ihn an – den neuen Aldi Priorat „Senorio de Convey – Crianza 2008“.
Passt grad, denn ich brauche einen anständigen Wein zum Kochen…
Schon wieder so ein Weinname, der eher nach Sancho Pansa und La Mancha klingt, als ins katalanische Priorat.
Die Medaille Berliner Gold bei der Berliner Wein-Trophy 2011 vorn drauf sieht schnuckelig aus, aber reinfallen tue ich auf diese „Auszeichnung“ auch nicht mehr.
Drehen wir das Ganze mal um und widmen uns dem Backlabel…
Das zaubert dann selbst mir ein Lächeln ins Gesicht an diesem Tag mit dem so häßlichen Aprilwetter – nur kälter noch als dieses…
Und ich kann mich eines ersten Lobes nicht erwehren, denn bislang musste ich immer diese Anonymität und Intransparenz kritisieren, sei es Aldi – Priorat, sei es Lidl – Priorat… und diesmal:
Embotellado por UNIÒ CORPORACIÒ Alimentaria S.C.C.L; Poboleda
Die Kooperative Cellers Uniò läßt grüßen, ich hab sofort den Keller vor Augen und einige Leute dazu, die dort arbeiten. Das schafft erstmal einen Vertrauensbonus, auch wenn wir wissen, dass es nicht der qualitativ hochwertigste Erzeuger im Priorat ist und dass die Basisweine dort für um 5 € okay, aber nie Schnäppchen sind. Seit ich jedoch Cellers Uniò verfolge, muss ich jedoch auch zugeben, dass man auch dort inzwischen fleißig seine Hausaufgaben macht. Das, was mir in den letzten Jahren von dort präsentiert wurde, war stets solide und zuverlässig – als einfacher Basiswein akzeptabel. Jahre zuvor war noch Naserümpfen angesagt, inzwischen ist es eher ein zustimmendes Nicken.
Auch am Begleittext zum Wein wurde positiv gefeilt – die Aussage, dass der Wein 24 Monate im Fass und in der Flasche reifte ist glaubhaft – im Gegensatz zu früher zu lesenden Texten auf Discounterflaschen, die für diesen Preis neues Barrique versprachen.
Beste Voraussetzungen also.
Der Korken ist ein Scheibenkorken (irgendwo muss ja gespart werden), dass sich die untere Scheibe dann kurz nach dem Öffnen der Flasche quasi von selbst vom Preßkorkenmittelstück ablöst, habe ich bislang noch bei keinem dieser Sparkorken erlebt, das ist ein Novum. Auf der Korkeninnenseite fast keine Farbe zu erkennen – das kenne ich von den Weinen mir denen ich arbeite, nicht, aber bei den Discounterprioratos ist das nichts Neues.
Die Farbe entsprechend jung, nicht wirklich dunkel und einen Stich ins Violette gehend, aber auf weißem Papier hinterläßt er schöne funkelnde Reflexe, die fast burgundisch aussehen. Beim Schwenken des Glases unerwartet schöne Kirchenfenster, die Viskosität ist gegeben, so wie man es bei einem sehr guten Wein erwartet.
In der Nase erst mal nicht viel, er gibt sich spröde und zugeknöpft, so dass ich erst mal bissel was in der Küche verrichten gehe. Eine Stunde später kommt eine zarte würzige und beim tiefen Reinriechen leicht likörige Nase heraus, nichts unangenehmes oder Störendes, aber auch keine Nase, die Staunen macht. Alles sehr brav und im Lot.
Am Gaumen Kirsche und eine kühle Frische, bleibt auch hier eher verhalten und leichtgewichtig – halt ein 2008er. Auch hier wieder nichts, was stört, aber auch nichts, was spontan begeistert. Klar, präzise und sauber. Im Abgang dann leicht staubige Schiefertöne, aber nicht diese immense schiefrige Säure, die man als Kenner sofort beim Klang des Namens Poboleda erwartet. Er erschlägt weder, noch macht er sonderlich neugierig auf mehr, er bleibt kurz und zeigt keinerlei Tiefe oder Komplexität, aber das erwartet man ehrlicherweise nicht wirklich bei einem 5 € Wein. Er bleibt ganz nett zu trinken, zeigt auch ein wenig seine Herkunft und bietet einen fairen Gegenwert für das kleine Geld was er kostet. Mehr muss, mehr kann und mehr darf man auch nicht erwarten. Ein versöhnlicher Wein.
Auch Aldi kann nicht zaubern, aber diese in jeglicher Hinsicht ehrliche Flasche macht den Discounter diesmal sogar ein Stück weit sympathisch.
86+/100 Th. Guter Wein. Letztlich gefällt er mir vom Trinkspaß her besser als der Llicorella Roureda 2005 oder der Enuc 2007 aus gleichem Hause und in gleicher Preisklasse.
Glückwunsch dafür an Jordi Puxeu und seine Crew in Poboleda. Glückwunsch auch an die Schenk – Gruppe als Importeur und vor allem an Aldi für seinen Politikwechsel zu mehr Transparenz und Nachverfolgbarkeit – ich wünsche mir, dass dies so bleibt. Und den anderen, die diesen Wein gekauft haben oder kaufen werden, dass er so ist, wie er ist, ohne ein Debakel von Flaschenvarianzen. Dann kann man ihn auch guten Gewissens so empfehlen, wie er sich hier zeigt.
hi Torsten, hab ihn auch grad im Glas + kann dir nur zustimmen in deinem unterm Strich positiven Verdikt (du bist natürlich aus dem P. ständig großes gewohnt).
Ich hab für 5€ jedenfalls schon sehr viel schlechteres getrunken. Der Seniorio kommt sehr frisch rüber, kirschkernige Frucht, straff, im Mund saftig mit appetitanregender Säure, ich finds lecker…