Nach unserem kulturellen Höhepunkt soll es natürlich nun auch einen sportlichen geben. Die Via Ferrata Colline St. Jacques wird die südlichste unserer Tour werden. Sie befindet sich direkt mitten im schönen Provence – Städtchen Cavaillon. Wir sind im weiten Durance-Tal. Wirkliche Berge sind hier Fehlanzeige, die Alpen sind noch ein ganzes Stück weit weg, Vater Ventoux versteckt sich im gleißenden Sonnenlicht, das, was wir sehen, sind Anhöhen, ähnlich den Alpillen, an dessen Rand wir am Morgen gestartet sind.
Aber das hindert nicht, dass diese Anhöhen felsig sind, wir sind im Süden, im Reich des Kalksteins, im Reich der Kletterparadiese Frankreichs. Die gigantische Höhe werden wir nicht erleben, aber uns erwartet dennoch ein Klettersteig vom Allerfeinsten. Über die große und lange Durance – Brücke erreichen wir die Stadt, ich weiß nur, dass wir uns in Richtung Office de Tourisme orientieren sollen, um den richtigen Parkplatz als Ausgangspunkt zu finden.
Dieser Parkplatz ist ungünstig, weil das Auto die ganze Zeit in der Sonne stehen wird, aber ums Eck gibt es einen zweiten kleineren Platz und dort ist sogar der Schatten großer Platanen zu finden, wo wir etwas geschützter stehen. Zwei Minuten später sind wir im Office de Tourisme und holen die nötigen Informationen. Es ist ganz einfach, direkt neben dem Tourismusbüro geht es die Treppe hoch, dann 20 Minuten ansteigend zum Aufwärmen der Muskeln und dann an der Kapelle vorbei am Felsenrand zur Einstiegsplattform.
Für die römische Ruine neben dem Office haben wir nur einen kurzen Blick übrig, es geht zurück zum Auto, das Geschirr anziehen. Auch Steffen zieht sich heute mit an, er wird nur den leichten Teil gehen wollen, aber immerhin. Ich freue mich über seine Entscheidung, mich zu begleiten.
Die Treppe Montée César de Bus steigt zum Glück oft im Schatten kleinerer Bäume an, man hat einige Bänke mit Aussichtspunkten in den Fels und auf die Stadt.
In den Felsen befinden sich auch unzählige Kletterwege, man könnte also auch damit hier viel Zeit verbringen, aber die Information versprach uns, dass bereits der komplette Klettersteig etwa 4 Sunden Zeit in Anspruch nehme plus die jeweils 20 Minuten für Auf- und Abstieg.
Der Klettersteig besteht aus der leichteren Via Natura und der immerhin mit TD (Tres difficile = sehr schwierig) angegebenen 2. Runde Via Souterrata. Beide Teile muss man sich wie eine extrem langgezogene liegende Acht vorstellen, die meiste Zeit wird gequert, man hat wie schon in den Gardon- Schluchten wenig Höhenunterschied zwischen oben und unten. Klar, wo soll es auch herkommen?
Zusätzlich gibt es noch einen „Angsthasenausstieg“ kurz bevor man zwischen den beiden Wegen wechseln kann und einen „Fluchtweg der ausgepowerten Arme“ nach der Hälfte der schweren Runde. Man kann nur die leichte Runde machen oder die Kombination beider Teile. Hier geht man den oberen Teil der leichten Runde, dann den unteren Teil der schweren, dann den oberen zurück zum Wechselpunkt und vollendet mit dem unteren Teil der leichten Runde.
So will ich es angehen, von Weitem sieht es eigentlich aus, als ginge es insgesamt um Pille Palle. Wir schauen von weiter oben noch mal in die Felsen hinein.
Sieht doch vertrauenserweckend und nach Kinderspielplatz aus, oder? Die Kinder sollten aber eine Mindestgröße von 1,30 m für die einfache Runde und von 1,50 m für die schwerere Runde haben…
Unterhalb der Kapelle werden wir von zwei jungen Radfahrern angesprochen, das hier oben bei Strafe striktes Rauchverbot herrsche. Sie kommen von der Naturparkwacht und erzählen von verheerenden Waldbränden, die es hier in der Nähe schon gegeben habe. Ich habe ja kein Problem mit dem Rauchverbot als Nichtraucher, aber Steffen bekommt gleich der Schweiß auf der Stirn. Er fragt, wo er denn rauchen könne und bekommt zur Antwort, erst wieder ganz unten in der Stadt. Hier oben gäbe es keine Ausnahme…
Dennoch stehen wir Minuten später an der Einstiegsplattform, die wie ein Aussichtsbalkon gestaltet ist. Man muss ein Türchen offnen und der Tanz kann beginnen.
Es geht einige wenige Meter hinab.
Und schon findet sich Steffen auf einer ersten Nepalbrücke wieder.
Anschließend beginnen wir mit dem Queren am Fels. Noch ist wirklich alles easy.
Aber die Bänder im Fels werden auch schon mal schmaler bzw. quert man von U-Eisen zu U-Eisen im Fels. Immer kann man runter auf die Stadt blicken.
Steffen ist bereits auf einer Passerelle- Brücke.
Nun ja, bissel runter geht es da schon noch… Aber die Nerven werden nicht überstrapaziert, wenn man kein blutiger Anfänger mehr ist.
Steffen hat auf der Passerelle alles im Griff…
tbc…