Ein neues Wort macht die Runde im Priorat – Vins de Crisis…
Wir haben eine Bankenspekulations-Wirtschafts-Immobilien-Abwrackprämienkrise… Weltweit…
Hört, hört… und das Priorat bringt neue Weine hervor in einer ungeahnten Anzahl, man kommt kaum noch nach mit den vielen neuen Weinen, die irgendwo auftauchen…
Ich will jetzt hier nicht reden von den nach wie vor wie Pilze aus dem Boden schießenden Celler – Neugründungen (grade erst schreibe ich über einige neue aus Poboleda für den Führer 2010 – versehen mit den spärlichen Info´s, die es derzeit erst gibt…), nein, ich meine eine Flut von neuen Weinen, die derzeit in die Regale strömt – von neuen, wie von etablierten Erzeugern…
Das ist eine neue Generation Priorat, so wird allenthalben angepriesen, ob Vino Joven oder kurzer Ausbau in gebrauchten Fässern – das soll Priorat zum Sparpreis sein,
das sollen die Weine sein, die der krisengebeutelte Konsument jetzt braucht – zum Abschalten all der häßlichen Gedanken an Arbeitsplatzverlust, politische Debakel, die seit Jahren andauernden Kriege in Afghanistan und Irak (die ja angeblich keine Kriege sein sollen, sondern Terroristenbekämpfung…), Mißtrauen in Bank wie Börse (die Bank ist naß und die Börse leer, es muß ein staatlicher Schutzschirm her…)
Sind diese Weine wirklich so neu? Und wie kommt es, dass sie jetzt in den Fokus kommen? Darüber möchte ich in dieser kleinen Serie schreiben…
(1) Basiswein + Qualität -> eine alte Gleichung (oder Ungleichung?)
Neu sind diese Weine keinesfalls…
Basisqualitäten hat es im Priorat allenthalben genauso gegeben wie in Bordeaux, in der Rioja oder anderswo. Wobei Basis und Qualität mitunter arg getrennte Worte waren. Wer wissen will, wie weit sich das voneinander weg spreizt, der frage in Poboledas Bar / Restaurant El Cau nach einem Glas Prioratwein oder traue sich im Cal Pep in La Vilella Baixa an den offenen Karaffenpriorat, der zu den guten Menüs dort auf den Tisch gestellt wird. Hier erfährt man, wie die Begriffe Basis und Qualität zum Spagat werden und hakt als Prioratnovize gegebenenfalls das Thema erstmal für sich ab.
Wer macht diesen „Mist“, den es ja zwangsläufig in jeder DO, jeder AOC etc. gibt, vielleicht sogar geben muss?
Früher (und bis heute) war das ein Privileg der Genossenschaften Hier zählte und zählt jedes Kilo Trauben. Der Traubenpreis muss schon immer ein Witz gewesen sein, man konnte kaum leben als Weinbauer, folgt man diversen Erzählungen der Alten. Wollte man wenigstens überleben, so mussten es so viele Kilo wie möglich sein. Das qualitativ mit Masse kein Blumentopf gewonnen wird, weiß nicht nur jedes Winzerkind. Auch viele Verbraucherkinder lernen das oder können es wenigstens erahnen.
Guter Priorat muss teuer sein – dieses Vorurteil erwuchs denen, die zu viele Basisweine der Großerzeuger trinken mussten. Diese, wie z.B. Cellers Unió, die Vinicola del Priorat, der Celler d´ Scala Dei setzten immer schon qualitativ weit unten an, was ihre preisgünstigsten Weine angeht. Wo nix ist, kann auch nix werden, aber irgendwer muss sich ja opfern, die Trauben zu verarbeiten, die kein anderer will. Geburt des Ònix?
Meine erste Verkostungsnotiz zu einem 1998er damals war schlicht und ergreifend: „Ònix? Oh – nix…“ Und seinerzeit war ich bereits dem Prioratwein verfallen und suchte nach Mogador, Martinet, Dofí und Obac wie andere Schatzsucher nach dem heiligen Gral.
Und fand auf meiner Suche auch andere, wie zum Beispiel August Vicent vom Celler Cecilio oder Pere Sangenis (Sangenis I Vaque), die beizeiten schon lieber ein eigenes Ding durchzogen als ihre Trauben den Massenerzeugern zu schenken. Und siehe da, es gibt sie doch, die bezahlbaren Basisprioratweine, die Spaß machen. Der Negre von Celler Cecilio, der Porrera Vi Negre von Sangenis I Vaque, ich kann mich an nicht eine Flasche erinnern, egal aus welchem Jahr getrunken, die mir nicht wenigstens sehr gut (88-92/100 Th.) geschmeckt hätte in all den Jahren, in denen ich ernsthaft die getrunkenen Weine für mich bewerte. Auch andere sind hier zu nennen, stellvertretend zähle ich den Cal Pla vom gleichnamigen Celler in Porrera, den Ceps Nous von den Pasanau – Brüdern oder den Noster von La Perla del Priorat auf.
All diese Weine haben quasi Bestandsschutz, waren Vins de Crisis, als das Wort Crisis noch nicht die Runde machte, als es im Priorat wie überall um Aufschwung und das Streben nach dem Olymp ging. Aber jene Winzer, die sich heute dafür vielleicht dafür weitsichtig nennen dürften, überließen von Anfang an ihre überschüssigen Trauben nicht den Kooperativen, sondern behandelten sie mit ihrer ihnen eigenen Winzerehre – nur mit ökonomisch geringerem Einsatz, wie dem Verzicht auf teure neue Fässer oder Edelstahltanks. Dennoch mit Elternliebe erzogen. Vor etlichen Jahren bereits haben diese Winzer das Verdienst erworben, für das Priorat die Begrffe Basis und Qualität näher zusammen zu bringen. Wie solche „Klassiker“ schmecken können, kann inzwischen auch der experimentierfreudige Weinliebhaber erfahren, der bereit ist, auch weniger als 15 € für eine Flasche Wein zu zahlen…
In meiner Prioratführerselektion möchte ich auf einen Cecilio Negre oder einen Porrera Vi Negre nicht verzichten, Weine, die ich bereits seit Jahren für mich entdeckt habe und die mit jedem neu herausgegebenen Jahrgang wieder neu überzeugen. Hier heißt Basis+Priorat = ein wenigstens sehr guter, manchmal gar schon exzellenter Wein.
Passende Weine der Prioratführerselektion:
La Perla del Priorat; Noster; Priorat; 2004 rot 14,00 € – einige Restflaschen vorhanden
Celler Cecilio; Negre; Priorat; 2006 rot 13,00 € – einige Restflaschen vorhanden
Celler Cecilio; Negre; Priorat; 2007 rot 13,00 €
Sangenis I Vaque; Porrera – Vi Negre; Priorat; 2006 rot 13,00 € – einige Restflaschen vorhanden
Fortsetzungen folgen
(2) „Die jungen Wilden“ und der Zwang zum Start…
(3) „Die großen Titanen“ – wirklich nur große Titanen?