Auf Weinreisen können die seltsamsten Dinge passieren und man braucht mitunter auch eine gehörige Portion Humor – manchmal hat man den erst hinterher. Oder man beweist ihn, indem man das Beste draus macht…
Da war es vor einigen Jahren, dass ich mit meinem guten Weinfreund Klaus-Peter Werner zur Fira de Falset ins Priorat will. Um die Fahrtkosten und den Spaß zu teilen fahren wir mit einem Auto und Klaus-Peters großem zweiflammigen Gascampingkocher nebst Gasflasche quer durch Frankreich und über die Pyrenäen.
In Andorra entdecken wir einige Flaschen aus der Extremadura, die mit ins „Verkostegepäck“ wollen und ich bin begeistert vom frischen Fisch. Mit diesen Einkäufen und etwas frischem Gemüse entern wir Spanien.
Und wir sind uns beide einig, bevor es ins Priorat geht, müssen wir beide beim Kloster Poblet Halt machen, denn beide sind wir Fans dieser Pinot Noir Weine von Abadia de Poblet, womöglich sind wir die einzigen deutschen Fans davon… Da es aber schon so spät ist, dass wir an diesem Tag dort nicht mehr verkosten und einkaufen können, müssen wir irgendwo vorher unser Zelt aufschlagen.
Wer die Gegend kennt, weiß, dass man schneller an der Klostermauer ankommt, als irgendwo unterwegs einen passablen Platz zum Zelten zu finden – und wir sind da wirklich nicht wählerisch, wir stellen uns fast überall hin… Kurz vorm Dunkelwerden sind wir an besagter Klostermauer, zu spät für einen Besuch beim Winzer im Kloster, zu zeitig, um nicht noch zu erkennen, dass da ein ganz wunderbares Stück Wiese uns zum Zelten einlädt.
Das Zelt ist von Klaus-Peter fix aufgebaut, währenddessen schnipple ich das Gemüse und putze den Fisch.
Wenn ich auf Tour Fisch kaufe, frage ich immer nach Eis zum Frischhalten. Gleichzeitig kühlt das Eis den passenden Weißwein. Dieser war für jenen Abend ein Mas Jullien Blanc, eines der raren Gewächse, die man nur auf Zuteilung kaufen kann, wenn man bei Olivier Jullien als Kunde gelistet ist.
Und so sitzen wir da, ich fange an, das Gemüse in einem Topf zu dünsten und den Fisch auf der anderen Flamme mit der Pfanne bekannt zu machen. Ich selber nutze immer meinen Trangia – Sturmkocher, dessen Nachteil es ist, nur eine Flamme zu haben. Der größte Vorteil ist, immer zu wissen, wann man sich langsam um eine neue Flasche Spiritus bemühen muss – das weiß ich jetzt…
Ich sinniere:“Du, Klaus-Peter, woran erkennt man eigentlich, dass die Gasflasche alle geht?“. Achselzucken… „Kriegt man dann schon irgendwie mit…“
Wenige Minuten später: Plupp – Flupp… Beide Flammen weg – der Wind, der böse… – nein! Das Gas – die leere Flasche…
Das Gemüse und der Fisch: zu roh für den wirklichen Genuss. Der Mas Jullien… noch zu. Gut so.
Ich habe Hunger und Durst, ergreife die Initiative – schließlich bin ich ja der Koch. Ich schnappe den Topf mit dem Gemüse und die Pfanne mit dem Fisch und mach mich auf den Weg. Es ist dunkel inzwischen. Die Gaststätten und Bars sind alle zu, wenn der letzte Touri gegangen ist, lohnt sich das hier echt nicht. Meine einzige Hoffnung sind die Mönche…
Während ich mich der Hoffnung und dem Gebet hingebe, halten bei Klaus-Peter immer wieder Jugendliche und fragen ihn: „Esta aqui?“, was soviel bedeutet, dass sie wissen wollen, ob sie hier richtig sind.
Aber keiner hat eine Gasflasche dabei und so weiß Klaus-Peter auch nicht, ob sie hier richtig sind. Währenddessen versuche ich ergebnislos, irgendeinen Mönch herauszuklingeln, der uns das Gemüse garkocht und den Fisch brät. Seltsame Wünsche können die Deutschen entwickeln… Ein paar halbwilde Katzen haben Mitleid mit mir und maunzen mich an – sie hätten den Fisch auch halbroh gefressen.
Dann übernimmt Klaus-Peter nochmal und fährt los, eine Tankstelle zu finden, die ihm eine Gasflasche verkauft…
Am Ende essen wir Brot, Wurst und Käse und ziehen die Extremadura-Weine auf. Der Mas Jullien muss warten – auf den Fisch natürlich…
Und der Fisch wartet auf die Gasflasche. Mit der kommt Klaus-Peter irgendwann nach dem 2. Versuch später am nächsten Morgen.
Dann endlich gibt es den Fisch und auch der Mas Jullien darf zeigen, was in ihm steckt. Danach fix noch einen Kaffee und dann ab ins Klostergelände. Die Abadia hat grade aufgemacht…
Heute läuft die ganze Geschichte wie ein kleiner Film ab (den wir leider nicht gedreht haben) – und dann können wir immer wieder aufs Neue recht herzhaft drüber lachen…
Dazu habe ich natürlich zwei Weine der Abadia de Poblet geöffnet. Den einfachen Pinot Noir aus 2002, einen sehr guten Wein für relativ wenig Geld und den besseren (aber auch holzlastigeren) Masies de Poblet aus 2004, der eine Spur tiefgründiger und komplexer, aber auch „spanischer“ ist, während man beim einfachen eher den Pinot Noir als die Herkunft blind reklamieren würde.
Mit ausführlichen Verkostungsnotizen zu diesen sehr zu empfehlenden Weinen will ich an dieser Stelle nicht nerven, aber vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser dieser amüsanten Geschichte an unseren chaotischen Abend dort, wenn er die schöne Anlage und die Abadia de Poblet – Kellerei besucht,
„Esta aqui?“ – „Si Senor!“
…das soll mir eine Warnung sein, für’s Kochen mit Gasflaschen! Aber auch Brot, Wurst und Käse mit Extremadura-Weinen klingt nach einem wunderbaren Abendessen!
Viele Grüße & besten Dank für’s Mitmachen bei der 39. Weinrallye!
Carsten
http://www.vinum.de/blog