Unlängst traf ich mich mit meinen beiden Dortmunder Weinfreunden zum 8. Coswiger Priorat-Nasenfestival. Wie immer probierten wir doppelt blind. Die Weinliste las sich vorab sehr vielversprechend. Dazu kam, dass einige – allen voran einer der namhaftesten Spanien Importeure – den Jahrgang 2013 bereits energisch in den Himmel geschrieben hatten und wir bereits im Gedanken an „greatest ever“ ganz benebelt wurden.
Auch auf der Fira letztes Jahr wurde 2013 erstmals umfassend gezeigt – ein in der Breite erstaunlich guter Jahrgang ohne nennenswerte Ausfälle nach unten (aber auch ohne lauten Verweis auf das Allergrößte, ich hatte keine 100 – Punkte Verdachtsfälle).
Mein Vergleich sprach damals von einer sehr schnellen Sprinteretappe bei der Tour de France – alles dicht gedrängt, keine Ausreißer nach oben, keine Nachzügler, um die sich der Besenwagen kümmern muss. Entscheidend ist nicht Platz oder Sieg, entscheidend ist in solchem Gedränge beim Wein das PGV….
Klaus-Peter, mein Mitverkoster zur Fira sprach von gepflegter Langeweile auf höchstem Niveau. Gemeint haben wir beide irgendwo das Gleiche.
Nun sind wir beide lange genug im Rennen, um inzwischen ein ganz klein wenig fundierte Kaffeesatzleserei machen zu können. Wir haben beide den 2005er Euphorie-Jahrgang mit den ersten Flaschen ganz schwierig werden sehen und das Wort „Arbeitsprobe“ kreiert. Und wir haben ebenjenen 2005er letztes Jahr mit höchster Wonne aus den Trümmern langer Wartezeit gegraben – und wir waren so begeistert wie zu Beginn auf der Fira 2007. Oder noch begeisterter.
Mit dem Jahrgang 2010 erlebten wir den Spaßkiller „früher Verschluß“ erneut. Ich hatte den 2010er danach als legitimen Nachfolger des 2005ers bezeichnet. Ob er ebenso aufersteht, werden wir 2020 diskutieren.
Nun 2013… (gut inklusiver einiger 2014er sogar)
Wir haben 32 Weine auf dem Tisch stehen gehabt, Der Baum mit den Vorschußlorbeeren war entsprechend hoch.
Wir sind hinterher sehr ratlos gewesen…
Beim Aufdecken das Desaster, begeistert haben uns die kleineren Weine, die Basisweine… – was ein wenig die These stützt, dass „hinten nichts runterfällt“ in diesem Jahr.
Die vermeintlich Großen waren zickig – in beiden Blindverkostungsrunden. Manche Weine fingen dann mit entsprechend langer Luft an, sich auf den Weg zur Größe zu machen. Manche machen jetzt in der 4. Runde los (in der ich mich grade befinde, weshalb es auch noch keine Verkostungsnotizen gibt), andere, wie der Roquers de Samsó sind auch nach 12 Tagen nicht willens, derzeit einen Trumpf zu spielen.
Nach 2005 und 2010 ist nun 2013 wieder ein Jahrgang, wo die Weine frisch in der Flasche sich zieren, etwas zu zeigen, was Euphorie rechtfertigen würde.
Macht jetzt also jemand so etwas aus Neugier oder Vergnügungserwartung auf, so sind enttäuschte Gesichter vorprogrammiert. Und es wird auf Winzer und Händler geschimpft. Die Erfahrung mit den 2005ern aber zeigt, was zur Fira war, kommt wieder…
Und wird es nun der Überfliegerjahrgang? Da bin ich skeptischer als andere Kollegen. Selbst wenn diese Weine wieder so kommen, wie die 2005er mit 10 Jahren Zeit, dann würde ich sie aber dennoch hinter 2005, vielleicht auch hinter 2010 sehen. Und Begeisterung wie bei 2004, 2006, 2007 und 2009 ist auch nicht in der Höhe da, es fehlen die absoluten Spitzen für den Moment. Es fehlt auch diese positive Überraschung, die wir letztes Jahr bei 2012 erleben durften. Es wird ein sehr guter Jahrgang, aber von den Besten sehe ich ihn momentan ein Stück weit weg.
Das Gute ist, man muss nicht selektiv kaufen wie in 2002, 2003, 2008 und 2011, man muss nur die entsprechende Geduld haben. Und leider auch den finanziellen Background. Und am Ende wird man sich über die Weine aus 2013 am meisten freuen, die weniger gekostet haben als die ganz renommierten Namen. Und die dennoch gleichgut oder nicht viel schlechter sind… Sein werden…
Der ganze andere wichtige Rest für 2013 ist glauben… Aber kann es bei Sein und Haben ums Glauben gehen…?
Man kann also diese Weine haben wollen, es gäbe gute Gründe, sie zu kaufen und sie sich weg zu legen. Aber man darf sie jetzt nicht trinken wollen, sonst wird man enttäuscht sein. Wer also nicht die Lagerkapazitäten hat, um zu warten, der braucht diese Weine zur jetzigen Zeit nicht wirklich. Der halte sich an die kleinen Basisweine, die schon jetzt viel bieten und einige davon, die besonders gastronomischer Art sind, die sollten auch in ihrer Erlebnisphase getrunken werden.
Wer wahrhaft große Weine aus dem Priorat jetzt trinken will, den ermutige ich zum Kauf älterer Jahrgänge. Dann hat man was, um glücklich zu sein.
Meine Dortmunder Mitverkoster haben es ebenso gemacht, von den begeisterten kleinen 2013ern was mitgenommen, bis hin zum Reste abräumen. Und dann noch paar große 2005er und Co. nachgelegt.
Dieses 2013er Probenfazit passt irgendwie auch ganz gut zum heutigen Weinrallyethema, weswegen ich das in die Weinrallye packe… mit besten Dank an den Praktikanten für die Idee und an den Leo, der umgesetzt hat und damit den Knochenjob machen mußte. Sicher für Rint und Boddoh…
Und natürlich beste Grüße an den ausrichtenden 180° – Blog.